Saulus’ Bekehrung

Apostelgeschichte 9,22: „Saulus aber gewann immer mehr an Kraft und trieb die Juden in die Enge, die in Damaskus wohnten, und bewies, dass dieser der Christus ist.“

Es ist eine unbestrittene Wahrheit, so paradox sie natürlichen Menschen auch erscheinen mag, dass „alle, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, Verfolgung erleiden werden.“ 12 Tim 3,12 Und deshalb ist es sehr bemerkenswert, dass unser gesegneter Herr in seiner glorreichen Bergpredigt, nachdem er diejenigen seliggesprochen hat, die arm im Geiste, sanftmütig, reinen Herzens und dergleichen sind, sofort hinzufügt (und nicht weniger als drei Verse auf diese Seligpreisung verwendet): „Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden.“ 2Mt 5,10 Niemand war jemals mit den oben genannten Gnaden in irgendeiner Weise ausgestattet und wird es auch nie sein, ohne in gewissem Maße dafür verfolgt zu werden. Es gibt es eine unversöhnliche Feindschaft zwischen dem Samen der Frau und dem Samen der Schlange. 31Mo 3,15 Und wenn wir nicht von der Welt sind, aber durch unsere Früchte zeigen, dass wir zu denen gehören, die Jesus Christus aus dieser Welt erwählt hat, dann wird die Welt uns genau aus diesem Grund hassen. 4Joh 15,19 So wie das für jeden einzelnen Christen im Besonderen gilt, gilt es auch für jede christliche Kirche im Allgemeinen. Seit einigen Jahren haben wir nur wenig von einer öffentlichen Verfolgung gehört: Warum? Weil nur wenig von der Kraft der Gottesfurcht unter allen Konfessionen vorgeherrscht hat. Der bewaffnete Starke 5Lk 11,21 hatte die Herzen der meisten Bekenner vollständig in seinem Besitz und ließ sie deshalb in einem falschen Frieden ruhen. Aber wir können uns sicher sein: Wenn Jesus Christus beginnt, seine Auserwählten auf bemerkenswerte Weise zu versammeln und eine wirksame Tür für die Verkündigung des ewigen Evangeliums öffnet, wird die Verfolgung aufflammen und Satan und seine Abgesandten werden ihr Möglichstes tun (wenn auch alles umsonst), um das Werk Gottes aufzuhalten. So war es in den ersten Zeitaltern, so ist es in unseren Tagen, und so wird es sein, bis keine Zeit mehr sein wird. 6Offb 10,6

   Christen und christliche Kirchen müssen also mit Feinden rechnen. Unser Hauptanliegen sollte es sein, zu lernen, wie wir uns ihnen gegenüber christlich verhalten sollen: Denn wenn wir nicht gut auf uns selbst achten, werden wir unseren Geist verbittern und handeln, wie es für Anhänger dieses Herrn unangemessen ist, „der, als er geschmäht wurde, die Schmähung nicht erwiderte, nicht drohte; 71Petr 2,23 und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, seinen Mund nicht auftat.“ 8Jes 53,7 Aber welches Motiv sollen wir anwenden, um uns selbst in dieses gesegnete, lammartige Gemüt zu versetzen? Abgesehen von der unmittelbaren Wirkung des Heiligen Geistes auf unsere Herzen kenne ich keine Überlegung, die uns mehr Langmut gegenüber unseren erbittertsten Verfolgern lehren könnte, als diese: Dass, egal was wir sonst an Gegenteiligem wissen, einige unter genau diesen Personen, die jetzt Verfolger sind, von Gott von aller Ewigkeit her auserwählt sein könnten, und zu einem späteren Zeitpunkt noch dazu berufen werden, die Kirche Christi zu erbauen und aufzubauen.

   Der Verfolger Saulus, der in den Worten des Textes erwähnt wird (und dessen Bekehrung, so Gott will, ich im folgenden Diskurs behandeln möchte), ist ein edles Beispiel dieser Art.

   Ich sage, ein Verfolger, und zwar ein blutiger. Schaut, wie er am Anfang dieses Kapitels vorgestellt wird. „Saulus aber, der noch Drohung und Mord schnaubte gegen die Jünger des Herrn, ging zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe nach Damaskus an die Synagogen, in der Absicht, wenn er irgendwelche Anhänger des Weges fände, ob Männer oder Frauen, sie gebunden nach Jerusalem zu führen.“

   „Saulus aber, der noch schnaubte.“ Das deutet an, dass er schon zuvor ein Verfolger gewesen war. Um das zu beweisen, müssen wir nur auf das 7. Kapitel zurückblicken, wo wir ihn bei Stephanus Tod so bemerkenswert aktiv finden werden, dass „die Zeugen ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes niederlegten, der Saulus hieß.“ 9Apg 7,58 Obwohl er jung ist, scheint er eine gewisse Autorität zu genießen. Vielleicht wurde er wegen seines Eifers gegen die Christen in der jüdischen Gemeinschaft bevorzugt und durfte im Großen Rat oder Sanhedrin sitzen: Denn uns wird in Kapitel 8,1 gesagt: „Dass Saulus in seine Tötung mit einwilligte“; und noch einmal wird er in Vers 3 dargestellt als in seiner Gegnerschaft alle anderen übertreffend; denn so spricht der Evangelist: „Saulus aber wütete gegen die Gemeinde, indem er überall in die Häuser eindrang, Männer und Frauen fortschleppte und sie ins Gefängnis werfen ließ.“ Man hätte meinen können, dass das die Wut dieses jungen Eiferers befriedigt oder zumindest gemildert hätte. Nein: Über die Maßen wütend gegen sie, wie er selbst es Agrippa erzählt, und nachdem er alles in Jerusalem verwüstet hat, ist er nun entschlossen, die Jünger des Herrn auch bis in die fremden Städte zu verfolgen;  10Apg 26,11 und deshalb schnaubte er noch Drohung und Mord.Er schnaubte.“ Die Worte sind sehr eindringlich beschrieben und drücken seine bittere Feindschaft aus. Es war für ihn nun genauso natürlich, die Christen zu bedrohen, wie es für ihn natürlich war, zu atmen: Er konnte kaum etwas anderes aussprechen als Drohungen gegen sie. Ja, er schnaubte nicht nur Drohungen aus, sondern auch Mord gegen die Jünger des Herrn (und diejenigen, die drohen, würden auch morden, wenn es in ihrer Macht stünde). Und unersättlich wie die Hölle, 11Spr 27,20 als er feststellt, dass er die Christen nicht mit der Gewalt von Argumenten widerlegen oder aufhalten kann, ist er entschlossen es mit Waffengewalt zu tun; und deshalb ging er zum Hohepriester (denn es gab noch nie eine Verfolgung ohne einen Hohepriester an der Spitze) und erbat sich von ihm Briefe, die von seinem geistlichen Hof aus an die Synagogen oder kirchlichen Gerichte in Damaskus ausgestellt wurden und ihm Autorität verliehen, wenn er irgendwelche Anhänger des Weges fände, ob Männer oder Frauen, sie gebunden nach Jerusalem zu führen,“ ich nehme an, um sie dort vor dem Gericht des Hohepriesters anzuklagen und zu verurteilen. Beachtet, wie er von den Christen spricht. Lukas, der die Apostelgeschichte schrieb, nennt sie „Jünger des Herrn“, und Saulus bezeichnet sie als „Männer und Frauen des Weges.“ Ich zweifle nicht daran, dass er sie als eine Gruppe von schwärmerischen Emporkömmlingen darstellte, die sich kürzlich einer neuen Lebensweise verschrieben hatten; die sich nicht mit dem Tempelgottesdienst zufrieden geben würden, sondern sie müssten allzu gerecht sein 12Pred 7,16 und ihre privaten Treffen und Versammlungen abhalten und hier und dort in den Häusern das Brot brechen, 13Apg 2,46 wie sie es nannten, was zur großen Unruhe der etablierten Geistlichkeit führen würde, und zur völligen Untergrabung von jeglicher Ordnung und Anstand. Ich höre nicht, dass der Hohepriester irgendeinen Einwand erhebt: Nein, er war genauso dazu bereit, Briefe zu gewähren, wie Saulus sie erbitten wollte; und er war innerlich wunderbar erfreut darüber, dass er einen so aktiven Eiferer gefunden hatte, den er gegen die Christen einsetzen konnte.

   Dann wird sofort ein Bevollmächtigungsschreiben ausgestellt, auf dem das Siegel des Hohepriesters angebracht ist. Und jetzt stelle ich mir den jungen Verfolger vor, bestens ausgerüstet und wie er sich an der Vorstellung erfreut, wie triumphierend er mit den „Männern und Frauen des Weges“ zurückreiten und sie hinter sich nach Jerusalem her schleifen würde.

   Wir können uns vorstellen, in was für einem Zustand sich die armen Jünger in Damaskus zu dieser Zeit befanden! Zweifellos hatten sie davon gehört, dass Saulus die Heiligen in Jerusalem ins Gefängnis werfen ließ und unter ihnen Verwüstung anrichtete, und wir können durchaus annehmen, dass sie über seine Pläne bezüglich ihnen selbst informiert waren. Ich bin davon überzeugt, dass dies eine Zeit des Wachstums für diese lieben Menschen war, weil es eine herausfordernde Zeit war. O wie haben sie mit Gott im Gebet gerungen und ihn angefleht, sie entweder von der Wut ihrer Verfolger zu befreien oder ihnen genügend Gnade zu geben, damit sie unter dieser Wut standhalten könnten? Der Hohepriester schmeichelte sich selbst zusammen mit dem Rest seiner ehrwürdigen Brüder zweifellos, dass sie dieser wachsenden Häresie nun wirksam ein Ende bereiten würden, und sie warteten voller Ungeduld auf Saulus Rückkehr.

   Aber „der im Himmel thront, lacht; der Herr spottet über sie.“ 14Ps 2,4 Und deshalb (Vers 3): „Als Saulus aber auf dem Wege war und in die Nähe von Damaskus kam,“ vielleicht sogar bis zu den Toren (unser Herr ließ das zu, um den Glauben seiner Jünger auf die Probe zu stellen und um die Absichten seiner Feinde noch entschiedener zu vereiteln), „umleuchtete ihn plötzlich (zur Mittagszeit, 15Apg 22,6 wie er Agrippa erzählt) ein Licht vom Himmel. Und er fiel auf die Erde (warum nicht in die Hölle?) und hörte eine Stimme, die zu ihm sprach: Saul, Saul, warum verfolgst du mich?16Apg 9,4 Das Wort wird verdoppelt: „Saul, Saul.“ Wie das unseres Herrn an Martha: „Martha, Martha;“ 17Lk 10,41 oder das des Propheten, „O Land, Land, Land!“ 18Jer 22,29 Vielleicht trafen diese Worte wie ein Donnerschlag seine Seele. Dass sie hörbar gesprochen wurden, wird uns durch Vers 7 versichert: „Seine Gefährten hörten die Stimme.“ Unser Herr setzt nun den verfolgenden Eiferer fest und ruft ihn beim Namen; denn das Wort nützt uns nie etwas, bis wir feststellen, dass es ganz speziell zu uns persönlich gesprochen wird. „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Betont dabei das Wort „Warum“, „Was habe ich Böses getan?“ Legt die Betonung auf das Wort „verfolgst“, „warum verfolgst du?“ Ich nehme an, Saulus dachte, er würde nicht verfolgen; nein, er führte nur die Erlasse des Hohen Rats aus. Aber Jesus, dessen Augen wie eine Feuerflamme sind, 19Offb1,14 sah durch die Heuchelei seines Herzens hindurch, dass trotz seiner fadenscheinigen Vorspiegelungen dies alles einem verfolgenden Geist und einer geheimen Feindschaft des Herzens gegen Gott entsprang; und sagt deshalb: „Warum verfolgst du mich?“ Betont das Wort „Mich“; „warum verfolgst du mich?“ Ach! Saulus verfolgte nicht Christus, oder? Er kümmerte sich nur darum, Neuerungen in der Kirche zu verhindern und eine Schar von Schwärmern vor Gericht zu bringen, die ansonsten die etablierte Verfassung auf den Kopf stellen würden. Aber Jesus sagt: „Warum verfolgst du mich?“ Denn was den Jüngern Christi angetan wird, nimmt er so, als ob es ihm getan würde, es sei gut oder böse. Wer die Jünger Christi antastet, der tastet seinen Augapfel an; 20Sach 2,12 und diejenigen, die die Anhänger unseres Herrn verfolgen, würden unseren Herrn selbst verfolgen, wenn er nochmals kommen und unter uns wohnen 21Joh 1,14 würde.

   Ich finde nicht, dass Saulus irgendeinen Grund dafür angibt, warum er verfolgt hat; nein, er war sprachlos; wie es jeder Verfolger sein wird, wenn Jesus Christus ihnen am schrecklichen Tag des Gerichts dieselbe Frage stellen wird. Aber es ging ihm wie ein Stich durchs Herz, 22Apg 2,37 zweifellos nicht nur mit einer Einsicht für dieses, sondern auch für alle seine anderen Vergehen gegen den großen Gott, und er sagte in Vers 5: „Wer bist du, Herr?“ Schaut, wie schnell Gott das Herz und die Stimme seiner erbittertsten Feinde ändern kann. Noch vor wenigen Tagen hatte Saulus nicht nur Christus selbst gelästert, sondern soweit es ihm möglich war, auch andere dazu gebracht, zu lästern; aber jetzt wird der, der für ihn zuvor noch als Betrüger galt; „Herr“ genannt; „Wer bist du; Herr?“ Dies verdeutlicht auf bewundernswerte Weise, wie der Geist Gottes auf das Herz einwirkt: Er überzeugt zunächst kraftvoll von der Sünde und von unserem verdammungswürdigen Zustand; und bringt uns dann dazu, nach Jesus Christus zu fragen. Saulus, der zu Boden gestürzt worden war oder dem ein Stich ins Herz versetzt worden war, ruft laut nach Jesus: „Wer bist du, Herr?“ Entsprechend wurden viele von euch, denen ihr verdammenswerter Zustand nie soweit bewusst gemacht wurde, dass ihr dazu gebracht wurdet, von Herzen nach Jesus Christus zu suchen, noch nie wirklich von Gott überzeugt, geschweige denn zu Gott bekehrt. Möge der Herr, der Saulus schlug, nun alle meine christuslosen Zuhörer wirksam treffen und sie dazu bringen, nach Jesus zu fragen, als ihrem Alles in Allem! 231Kor 15,28 Saulus sagte: „Wer bist du, Herr?“ Und der Herr sprach: „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Niemand hat jemals wirklich nach Jesus Christus gesucht, außer wenn Christus seiner Seele eine rettende Offenbarung über sich selbst gegeben hat. Es scheint so, als wäre ihm unser Herr persönlich erschienen; denn Hananias sagt später: „Der Herr, der dir erschienen ist auf dem Weg, den du gekommen bist.“ Obwohl das möglicherweise nur bedeutet, dass Christus ihm auf diesem Weg begegnet ist. Es spielt keine große Rolle; es ist klar, dass Christus hier zu ihm spricht und sagt: „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“ Es ist bemerkenswert, wie unser Herr sich selbst mit dem Namen Jesus bezeichnet; denn es ist ein Name, an dem er Freude hat: Ich bin Jesus, Retter meines Volkes, 24Mt 1,21 sowohl vor der Schuld als auch vor der Macht ihrer Sünden; „ein Jesus, den du verfolgst.“ Das scheint gesagt zu werden, um Saulus mehr und mehr von seiner Sünde zu überzeugen; und ich zweifle nicht, dass jedes Wort schärfer war als jedes zweischneidige Schwert 25Heb 4,12 und wie unzählige Dolche in sein Herz drang. Oh, wie trafen ihn diese Worte! Ein Jesus! Ein Retter! Und doch verfolge ich ihn! Das trifft ihn mit Entsetzen; aber obwohl er ein Verfolger war, könnte ihm das Wort „Jesus“ etwas Hoffnung geben. Doch um Saulus davon zu überzeugen, dass er durch Gnade gerettet werden 26Eph 2,8 sollte und dass er keine Angst vor seiner Macht und Feindschaft hatte, sagt unser lieber Herr zu ihm: „Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel auszuschlagen!27Apg 9,5 So viel wie zu sagen, obwohl Saulus die Kirche Christi verfolgte, würde dieser sie dennoch nicht stürzen können; denn er würde sitzen als König auf seinem heiligen Berg Zion; 28Ps 2,6 die Bosheit von Menschen oder Teufeln sollte niemals dazu fähig sein, die Oberhand über ihn gewinnen zu können.

   Vers 6: „Da sprach er mit Zittern und Schrecken: Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ Diejenigen, die denken, dass Saulus bereits zuvor Erkenntnis von Jesus gewonnen hatte, denken, dass diese Frage das Ergebnis seines Glaubens ist und dass er nun wissen möchte, was er aus Dankbarkeit für das, was der Herr für seine Seele getan hat, tun soll; in diesem Sinne kann es verstanden werden; und ich habe es als Beispiel benutzt, um zu beweisen, dass Glauben durch Liebe wirken wird. Aber vielleicht würde es noch besser zum Kontext passen, wenn wir annehmen, dass dem Saulus nur eine vage Erkenntnis von Christus zuteil geworden war und noch keine vollständige Gewissheit des Glaubens: Denn uns wird gesagt, dass er „mit Zittern und Schrecken sprach“. Zitternd bei dem Gedanken, dass er einen Jesus verfolgt hatte, und erschrocken über seine eigene Niederträchtigkeit und die unendliche Herablassung dieses Jesus zu ihm ruft er aus: „Herr, was willst du, dass ich tun soll?“ Menschen in seelischen Nöten und mit einem sehr schlechten Gewissen würden gerne alles tun oder sich unter alle Bedingungen fügen, um Frieden mit Gott zu bekommen. „Steh auf (spricht unser Herr) und geh in die Stadt hinein, so wird man dir sagen, was du tun sollst!“

    Und hier werden wir Saulus für eine Weile verlassen und nachsehen, was aus seinen Gefährten geworden ist. Aber was sollen wir sagen? Gott handelt souverän; sein Heiliger Geist weht, wann und wo er will. 29Joh 3,8Wem er gnädig ist, dem ist er gnädig.“ 30Röm 9,15 Saulus wird genommen, aber soweit wir es wissen, werden seine Mitreisenden zurückgelassen, 31Mt 24,40 in ihren Sünden umzukommen; denn uns wird in Vers 7 gesagt: „Die Männer aber, die mit ihm reisten, standen sprachlos da, denn sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand.“ Ich sage, eine undeutliche Stimme, denn das bedeuten die Worte und so müssen sie interpretiert werden, um es mit Kapitel 22, Vers 9 in Übereinstimmung zu bringen, wo Saulus über diese Männer berichtet und zu Agrippa sagt: „Aber die Stimme dessen, der mit mir redete, hörten sie nicht.“ Sie hörten zwar „die Stimme“, ein undeutliches Geräusch, aber nicht die deutliche Stimme dessen, der zu Saulus sprach, und blieben daher unbekehrt. Denn was sind alle Rituale und alle, selbst die aller-außergewöhnlichsten Austeilungen der Vorsehung, wenn Christus in ihnen nicht zur Seele spricht? So verhält es sich auch jetzt unter dem gepredigten Wort: Viele, wie Saulus Gefährten, sind manchmal so beeindruckt von den Ausstrahlungen Gottes, die im Heiligtum erscheinen, dass sie sogar sprachlos dastehen; sie hören die Stimme des Predigers, aber nicht die Stimme des Sohnes Gottes, der vielleicht gleichzeitig wirkungsvoll zu vielen anderen Herzen spricht; das habe ich oft festgestellt; und was sollen wir zu diesen Dingen sagen? O die Tiefe der Souveränität Gottes! Es ist unerforschlich. 32Röm 11,33 Herr, ich sehne mich danach, anzubeten, was ich nicht begreifen kann. „Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir!“ 33Mt 11,26

   Aber um zu Saulus zurückzukommen: Der Herr befiehlt ihm: „Steh auf und geh in die Stadt;“ und uns wird in Vers 8 erzählt: „Saulus aber richtete sich auf von der Erde; und als er seine Augen aufschlug, sah er nichts. (Weil er so überwältigt war von der Erhabenheit des Lichts, das auf sie schien.) Sie nahmen ihn aber bei der Hand und führten ihn nach Damaskus,“ genau in die Stadt, in der er die Jünger des Herrn hatte hinrichten oder festnehmen lassen wollen. „Und er konnte drei Tage nicht sehen und aß nicht und trank nicht.“ Aber wer kann sagen, welchen Horror des Gewissens, welche Seelenzuckungen, welche tiefen und einschneidenden Überführungen von Sünden er in diesen drei langen Tagen erlitten hat? Dies nahm ihm den Appetit, (denn wer kann essen oder trinken, wenn er einem Sinn für den Zorn Gottes für die Sünde ausgesetzt ist?) und weil er in Zukunft mit viel beauftragt werden würde, muss er jetzt viel gedemütigt werden. Deshalb lässt ihn der Herr drei Tage lang unter dem Geist der Knechtschaft 34Röm 8,15 stöhnen und er wird zweifellos mit den feurigen Pfeilen des Bösen 35Eph 6,16 beworfen, damit er, da er wie seine Brüder versucht wurde, später in der Lage sein würde, denen zu helfen, die versucht werden würden. Hätte Saulus sich unter diesen Umständen an einen der blinden Führer der jüdischen Kirche gewandt, hätten sie gesagt, er sei verrückt oder außer sich; so wie auch heute viele fleischliche Lehrer und blinde Pharisäer mit den armen Seelen verfahren und sie so noch mehr peinigen, die sich unter der erwachenden Überzeugung ihres verdammungswürdigen Zustands quälen. Aber Gott begegnet uns oft bei unserem ersten Erwachen mit schweren Prüfungen, besonders denen, die wie Saulus in der Kirche glänzen und als Werkzeuge eingesetzt werden sollen, um viele Söhne zur Herrlichkeit zu führen. 36Heb 2,10 Diejenigen, die hoch erhöht werden sollen, müssen zuerst zutiefst gedemütigt werden; und das sage ich zum Trost derjenigen, die jetzt vielleicht unter dem Geist der Knechtschaft 37Röm 8,15 seufzen und vielleicht so wie Saulus weder essen noch trinken können; denn ich habe im Allgemeinen beobachtet, dass diejenigen, die die tiefsten Überführungen hatten, später mit den kostbarsten Mitteilungen begünstigt wurden und am meisten von der göttlichen Gegenwart in ihren Seelen genossen haben. Dies wurde später in bemerkenswerter Weise an Saulus veranschaulicht, der drei Tage lang blind war und weder aß noch trank.

   Aber wird der Herr seinen armen Diener in dieser Qual bleiben lassen? Nein; sein Jesus (obwohl Saulus ihn verfolgt hatte) hatte versprochen (und er würde es auch halten), dass „ihm gesagt werden würde, was er tun sollte.“ „Es war aber ein Jünger in Damaskus mit Namen Hananias; dem erschien der Herr und sprach: Hananias! Und er sprach: Hier bin ich, Herr.“ Was für eine heilige Vertrautheit besteht zwischen Jesus Christus und wiedergeborenen Seelen! Hananias war an solche Liebesbesuche gewöhnt und kannte daher die Stimme seines Geliebten. 38Hld 2,8 Der Herr sagt: „Hananias“; Hananias sagt: „Hier bin ich, Herr.“ So redet Christus heute genauso wie in vergangenen Zeiten vielfältig und auf vielerlei Weise 39Heb 1,1 zu seinen Kindern, wie ein Mann mit seinem Freund redet. 402Mo 33,11 Aber was hat der Herr Hananias zu sagen?

   Vers 11: „Der Herr sprach zu ihm: Steh auf und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus.“ (Bemerkt hier zu eurem Trost, o Kinder des höchsten Gottes, welche Beachtung Jesus Christus der Straße und dem Haus schenkt, wo seine eigenen lieben Diener wohnen.) „Denn siehe, er betet.“ Aber warum wird das mit dem Wort „siehe“ eingeleitet? Was, war es so ein Wunder, zu hören, dass Saulus betete? Nun, Saulus war ein Pharisäer, und deshalb sprach er zweifellos lange Gebete. Und da uns gesagt wird, dass er viele seiner Altersgenossen weit übertraf, 41Gal 1,14 zweifle ich nicht daran, dass er Beachtung fand aufgrund seiner Begabung im Gebet; und doch scheint es, dass Saulus vor diesen drei Tagen in seinem Leben noch nie gebetet hat; und warum? Weil er sich vor diesen drei Tagen noch nie als verurteiltes Geschöpf gefühlt hatte: Er war lebendig in seiner eigenen Meinung, weil er ohne eine spirituelle Kenntnis des Gesetzes keinen Mangel an einem Jesus verspürt hatte und deshalb bis dahin noch nie nach einem Jesus geweint hatte; und folglich hatte er, obwohl er ein Gebet hätte aufsagen oder anfertigen können (wie es heutzutage viele Pharisäer tun) noch nie ein Gebet gebetet; aber jetzt: „Siehe! Er betet tatsächlich;“ und das wird als ein Grund angeführt, warum er bekehrt war. Keines der Kinder Gottes, wie man beobachten kann, kommt als Totgeburt zur Welt; eben genau das Gebet ist der Atem der neuen Schöpfung. Wenn wir also ohne Gebet sind, sind wir auch ohne Christus; wenn wir nie den Geist des Flehens hatten, ist es ein trauriges Zeichen dafür, dass wir nie den Geist der Gnade in unseren Seelen hatten. Und ihr könnt euch sicher sein, dass ihr noch nie gebetet habt, es sei denn, ihr habt euch selbst als Sünder gefühlt und das Bedürfnis gesehen, Jesus als euren Retter zu brauchen. Möge der Herr, dem ich im Evangelium seines lieben Sohnes diene, euch allen einen Stich ins Herz 42Apg 2,37 versetzen, und möge von euch allen wie von Saulus gesagt werden: „Siehe, sie beten!“

   In Vers 12 spricht der Herr weiter und fordert den Hananias auf, zu Saulus zu gehen: „(…) und hat in einer Erscheinung einen Mann gesehen mit Namen Hananias, der zu ihm hereinkam und ihm die Hände auflegte, dass er wieder sehend werde.“ So dass Christus, obwohl er selbst den Saulus in einem Augenblick bekehrte, das so begonnene Werk dennoch durch einen Geistlichen weiterführen wird. Glücklich sind diejenigen, die in Seelenproblemen so erfahrene Führer haben, die mit Jesus Christus so eng vertraut sind, wie Hananias es war. Ihr, die ihr solche habt, macht viel daraus und seid dankbar dafür; und ihr, die ihr sie nicht habt, vertraut auf Gott; er wird sein eigenes Werk ohne sie weiterführen.

   Zweifellos war Hananias ein guter Mann. Aber soll ich ihn für seine Antwort an unseren Herrn loben? Ich lobe ihn nicht, denn er sagt in Vers 13: „Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat; und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die deinen Namen anrufen.“ Ich befürchte, diese Antwort ging aus einigen Überresten an Selbstgerechtigkeit und Unglauben hervor, die noch unentdeckt im Herzen von Hananias lagen. „Steh auf“ sagte unser Herr „und geh in die Straße, die die Gerade heißt, und frage in dem Haus des Judas nach einem Mann mit Namen Saulus von Tarsus; denn siehe, er betet!“ Man würde meinen, dass dies ausreichend sei, um ihn zufriedenzustellen; aber Hananias sagt: „Herr, ich habe von vielen gehört über diesen Mann, (er scheint mit großer Verachtung von ihm zu sprechen; denn selbst gute Menschen neigen dazu, allzu verächtlich von denjenigen zu denken, die noch in ihren Sünden sind) wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat; und hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle gefangen zu nehmen, die Christus Namen anrufen;“ und er würde auch ihn gefangen nehmen, wenn er zu ihm ginge. Aber der Herr bringt alle Einwände zum Schweigen, indem er sagt: „Geh nur hin; denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.“ Hier bringt Gott ihn sofort zum Schweigen, indem er seine Souveränität geltend macht und ihm die Lehre von der Erwählung predigt. Und die häufig sich ereignende Bekehrung notorischer Sünder zu Gott ist für mich ein großartiger Beweis neben tausend anderen für diese kostbare, aber leider zu sehr instrumentalisierte und auf traurige Weise ganz falsch dargestellte Lehre von Gottes erwählender Liebe; denn woher kommt es, dass solche genommen werden, während Tausende, die nicht annähernd so schrecklich sind, sinnlos und dumm sterben? Die einzige Antwort, die man darauf geben kann, ist, dass es sich um auserwählte Werkzeuge handelt. „Geh nur hin“, spricht Gott, „denn dieser ist mein auserwähltes Werkzeug, dass er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel. Ich will ihm zeigen, wie viel er leiden muss um meines Namens willen.“ Beachtet, was für ein enger Zusammenhang besteht zwischen Tun und Leiden für Christus. Wenn welche meiner Brüder im Dienst heute hier anwesend sind, lasst sie es ertragen, welche Bevorzugung wir erwarten müssen, wenn wir dazu berufen sind, bemerkenswert für Gott zu arbeiten: Keine großen Pfründe oder Bischofsämter, sondern große Leiden um den Namen unseres Herrns willen; diese sind die Früchte unserer Arbeit. Und wer nicht mit Freuden Großes erleidet, weil er Christus predigt, ist seiner nicht würdig. Leiden wird sich als die beste Bevorzugung herausstellen, wenn wir an diesem großen Tag gerufen werden, Rechenschaft über unseren Dienst abzulegen.

   Ich höre nicht, dass Hananias mit Gott über die Lehre von der Erwählung diskutiert hätte; Nein; (Oh, dass alle guten Männer hierin von ihm lernen würden!) „und Hananias ging hin und kam in das Haus und legte die Hände auf ihn und sprach: Bruder Saul;“ gerade eben hieß es noch „dieser Mann“; jetzt ist es „Bruder Saul.“ Es spielt keine Rolle, was ein Mann vorher gewesen ist, wenn er jetzt ein Christ ist; derselbe ist unser Bruder, unsere Schwester und Mutter; 43Mk 3,35 Gott tilgt die Übertretungen von jedem Neubekehrten wie einen Nebel, 44Jes 44,22 und das sollten wir auch tun; je abscheulicher ein Mensch war, desto mehr sollten wir ihn lieben, wenn er an Christus glaubt, denn Christus wird durch ihn umso mehr verherrlicht. Ich bezweifle nicht, dass Hananias außerordentlich erfreut war, als er hörte, dass ein so bemerkenswerter Verfolger heim zu Gott gebracht wurde. Ich bin überzeugt, dass er sich sofort seelisch mit ihm durch Liebe verbunden fühlte, und deshalb spricht er ihn nicht so an: „Du Verfolger, du Mörder, du bist gekommen, um mich und meine Freunde abzuschlachten“; sondern als „Bruder Saul.“ Es ist bemerkenswert, dass die Urchristen das Wort „Bruder“ und „Brüder“ sehr viel verwendeten; ich weiß, dass es ein Begriff ist, der mittlerweile vielfach kritisiert wird; aber diejenigen, die ihn verachten, glaube ich, würden froh sein, unserer Bruderschaft anzugehören, wenn sie uns zur Rechten der Majestät in der Höhe sitzen sehen werden. „Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Wege hierher erschienen ist, dass du wieder sehend und mit dem Heiligen Geist erfüllt werdest.“ Und dabei, können wir annehmen, legte er ihm die Hände auf. Schauen wir uns die Folgen an.

   Vers 18: „Und sogleich fiel es von seinen Augen wie Schuppen, und er wurde wieder sehend.“ Nicht nur körperlich sehend, sondern auch geistig; er tauchte gleichsam auf in eine neue Welt; er sah und fühlte auch unaussprechliche Dinge: 452Kor 12,4 Er fühlte eine Seelenvereinigung mit Gott; er empfing den Geist der Kindschaft; 46Röm 8,15 Jetzt konnte er voller Glaubenssicherheit rufen: „Abba, Vater.“ Jetzt war er mit dem Heiligen Geist erfüllt; und die Liebe Gottes strahlte aus in sein Herz; jetzt waren die Tage seiner Trauer zu Ende; nun wurde Christus in seiner Seele geformt; jetzt konnte er Menschen und Teufeln die Stirn bieten, wohlwissend, dass Christus ihn gerechtfertigt hatte; jetzt sah er die Vorzüge Christi und schätzte ihn als den Schönsten unter Zehntausenden. 47Hld 5,10 Nur ihr, die nach einer langen Nacht der Knechtschaft durch den Geist befreit worden seid und Freude im Heiligen Geist empfangen habt, wisst, wie ihr mit dem Apostel in seiner Freude mitfühlen könnt. Mögen alle, die jetzt so trauern wie Saulus, auf gleiche Weise getröstet werden!

   Die Schuppen sind nun abgefallen von den Augen von Saulus Geist; Hananias hat das für ihn getan, unter Gott. Er muss jetzt noch ein anderes Amt ausführen, ihn taufen und ihn so in die sichtbare Kirche Christi aufnehmen. Für mich ist das ein guter Beweis für die Notwendigkeit der Taufe, wo immer sie vorgenommen wird: Denn ich finde hier und auch anderswo, dass die Taufe auch denen verabreicht wird, die den Heiligen Geist empfangen hatten; Saulus wurde davon überzeugt und stand deshalb auf und ließ sich taufen; und jetzt ist es für ihn an der Zeit, den äußeren Menschen zu erfrischen, der durch dreitägige Abstinenz und spirituelle Konflikte stark beeinträchtigt war; daher wird uns in Vers 19 gesagt: „und er nahm Speise zu sich und kam zu Kräften.“

   Aber oh, mit welchem Trost aß der Apostel nun seine Mahlzeit? Ich bin sicher, dass es in Einfalt des Herzens 48Kol 3,22 geschah, und ich bin auch davon überzeugt, dass es mit fröhlichem Herzen 495Mo 28,47 geschah; und warum? Er wusste, dass er mit Gott versöhnt war. Und wenn ich nicht wüsste, wie blind und steinhart unsere Herzen von Natur aus sind, würde ich mich fragen, wie irgendjemand auch nur seine gewöhnliche Mahlzeit mit irgendeiner Befriedigung verzehren kann, der nicht eine gut begründete Hoffnung hat, dass er mit Gott versöhnt ist. Unser Herr weist uns so viel darauf hin: Denn nachdem er uns gelehrt hat, für unser tägliches Brot zu beten, fügt er in seinem herrlichen Gebet sofort die Bitte hinzu: „Vergib uns unsere Schuld.“ Als ob unser tägliches Brot uns nichts nutzen würde, solange wir uns nicht dessen bewusst sind, dass uns unsere Sünden vergeben sind.

   Wir fahren fort. Saulus hat Speise zu sich genommen und ist gestärkt; und wohin wird er jetzt gehen? Die Brüder zu sehen: „Und Saulus war etliche Tage bei den Jüngern in Damaskus.“ Wenn wir Christus kennen und lieben, werden wir auch die Brüder Christi lieben und den Wunsch haben, mit ihnen bekannt zu sein: Wir können einen Menschen im Allgemeinen an seiner Gesellschaft erkennen. Und obwohl nicht alle Heilige sind, die mit Heiligen verkehren (denn bis zur Ernte wird immer Unkraut zwischen dem Weizen sprießen), aber wenn wir niemals miteinander Gemeinschaft haben, sondern uns schüchtern der verachteten Kindern Gottes schämen, ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass wir Jesus noch nicht nachweislich kennengelernt haben oder ihn in unsere Herzen aufgenommen haben. Meine lieben Freunde, lasst euch nicht täuschen; wenn wir die Freunde des Bräutigams 50Joh 3,29 sind, werden wir auch die Freunde der Kinder des Bräutigams sein. Sobald er mit dem Heiligen Geist erfüllt worden war, war Saulus „etliche Tage bei den Jüngern in Damaskus.“

   Aber wer kann sagen, welche Freude diese Jünger empfanden, als Saulus zu ihnen dazu kam! Ich nehme an, der heilige Hananias hat ihn vorgestellt. Ich stelle mir den einst verfolgenden Eiferer vor, als sie kamen, um ihn mit einem heiligen Kuss zu begrüßen, wie er sich jedem von ihnen um den Hals warf, mit Tränenströmen über sie weinte und sagte: „Mein Bruder, o meine Schwester, kannst du mir vergeben? Könnt ihr einem solchen Unglücklichen wie mir die rechte Hand der Gemeinschaft reichen, der vorgehabt hatte, euch gebunden hinter mir her nach Jerusalem zu schleifen?“ So ungefähr können wir uns vorstellen, wie sich Saulus an seine Mitjünger gewandt hat; und ich bezweifle nicht, dass sie ebenso bereit waren zu vergeben und zu vergessen wie Hananias und ihn mit dem liebenswerten Titel „Bruder Saul“ begrüßten. Schön war dieses Treffen; so schön, dass es scheint, Saulus verbrachte etliche Tage mit ihnen, um Erfahrungen auszutauschen und den Weg Gottes noch vollkommener kennenzulernen, um Segen für seinen zukünftigen Dienst zu beten und Christus Jesus für das zu preisen, was er für ihre Seelen getan hatte. Saulus hatte vielleicht einige Jahre zu Füßen Gamaliels 51Apg 22,3 gesessen, aber zweifellos lernte er in diesen besonderen Tagen mehr, als er zuvor in seinem ganzen Leben gelernt hatte. Es macht mir Freude, darüber nachzudenken, wie dieser große Gelehrte durch die Erneuerung seines Geistes verwandelt wird. Was für eine gewaltige Veränderung fand hier statt! Dass ein so großer Mann wie Saulus es war, sowohl hinsichtlich seiner Stellung im Leben als auch seiner immanenten Qualifikationen, der ein so erbitterter Feind der Christen gewesen war; für ihn, sage ich, dass er hingehen würde und etliche Tage mit den Leuten ausgerechnet dieses verrückten Weges verbringen und still sitzen und sich von Analphabeten unterweisen lassen würde, wovon wir ausgehen können, dass es viele dieser Jünger waren; was für ein nachhaltiger Beweis war das für die Realität seiner Bekehrung!

   In was für einer Hektik und Verwirrung können wir annehmen, befanden sich jetzt die Oberpriester! Ich garantiere, dass sie bereit waren zu schreien: „Was! Ist auch er verführt worden? 52Joh 7,47 Was das einfache Volk betrifft, das das Gesetz nicht kennt und verflucht ist, ist es kein Wunder, dass es sich mitreißen lässt; aber für einen Mann, der zu Füßen Gamaliels aufgewachsen ist, für einen solchen Gelehrten, einen solchen Feind der Sache wie Saulus; dass er mit einer Schar alberner, betrogener Männer und Frauen sich verleiten lässt, ist sicherlich ganz unmöglich: Wir können es nicht glauben.“ Aber Saulus überzeugt sie bald von der Realität, dass er um Christi willen zum Narren geworden ist: 531Kor 4,10 Denn statt, dass er, wie sie erwartet hatten, die Briefe des Hohepriesters überbrachte, um die Jünger, die sich in Damaskus befanden, gebunden nach Jerusalem zu bringen, „predigte er sogleich in den Synagogen Christus, dass dieser der Sohn Gottes ist.54Apg 9,20 Das ist ein weiterer Beweis für seine Bekehrung. Er unterhielt sich nicht nur privat mit Christen, sondern predigte Christus auch öffentlich in den Synagogen; insbesondere bestand er auf der Göttlichkeit unseres Herrn und bewies, dass dieser ungeachtet seiner erlittenen Demütigung wirklich der Sohn Gottes war.

   Aber warum predigte Saulus Christus auf diese Weise? Weil er die Kraft Christi an seiner eigenen Seele gespürt hatte. Und hier ist der Grund, warum Christus so selten gepredigt wird und in unseren Synagogen so wenig auf seiner Göttlichkeit bestanden wird: Weil die Mehrheit derer, die vorgeben, ihn zu predigen, nie ein rettendes Werk der Bekehrung an ihren eigenen Seelen gespürt haben. Wie können sie predigen, wenn sie nicht zuerst von Gott gelehrt und dann von ihm gesandt werden? Saulus predigte Christus nicht, bevor er ihn kannte; und das sollte auch kein anderer tun. Ein unbekehrter Geistlicher wird, auch wenn er in Sprachen der Menschen und der Engel redete, für diejenigen, deren Sinne geübt sind, um geistliche Dinge zu erkennen, nur wie ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle sein. 551Kor 13,1  Unbekehrte Geistliche können von Christus reden und verkünden und anhand von Büchern beweisen, dass er der Sohn Gottes ist; aber sie können nicht mit der Erweisung des Geistes und mit Kraft 561Kor 2,4 predigen, es sei denn, sie predigen aus Erfahrung und haben durch ein Werk der Gnade, das an ihren eigenen Seelen gewirkt wurde, einen Beweis seiner Göttlichkeit erhalten. Gott vergib denen, die einem unbekehrten Mann die Hände auflegen, wohl wissend, dass er so einer ist: Ich würde es nicht für tausend Welten tun; Herr Jesus, halte deine eigenen treuen Diener rein und lass sie nicht an den Sünden anderer Menschen teilhaben!

   Wir können sicher sein, dass ein Ereignis wie die Bekehrung des Saulus großes Aufsehen erregen muss; und deshalb ist es kein Wunder, dass uns in Vers 21 erzählt wird: „Aber alle, die ihn hörten, staunten und sprachen: Ist das nicht der, welcher in Jerusalem die verfolgte, die diesen Namen anrufen, und der dazu hierhergekommen war, um sie gebunden zu den obersten Priestern zu führen?“

   So wird es mit allen gehen, die öffentlich für Jesus Christus auftreten; und es ist für einen wahren Christen ebenso unmöglich, verborgen zu sein, wie eine Stadt, die oben auf einem Berg liegt. 57Mt 5,14 Brüder, wenn ihr Christus treu seid, dann müsst ihr euch für Christus ablehnen lassen und Bemerkungen über euch machen lassen; und das ganz besonders, wenn ihr vor eurer Bekehrung außerordentlich böse gewesen seid. Eure Freunde werden sagen: „Ist das nicht er oder sie, die sich bis vor kurzem noch zur äußersten Ausschweifung und Nichtigkeit haben hinreißen lassen wie der Schlimmste von uns allen? Was hat dein Gehirn verändert? Oder wenn ihr engstirnige, falsche, formelle Heuchler wart, wie Saulus es einer war, dann werden sie sich fragen, wie ihr so verführt worden sein konntet, jetzt zu denken, dass ihr vorher nicht in einem sicheren Zustand gewesen seid. Kein Zweifel, viele waren überrascht, als sie hörten, wie Saulus, der das Gesetz tadellos eingehalten hatte, bekräftigte, dass er sich bis vor wenigen Tagen tatsächlich in einem verdammenswerten Zustand befunden hatte (was aller Wahrscheinlichkeit nach auch der Fall war).

   Brüder, ihr müsst mit vielen solcher Schwierigkeiten rechnen. Die Geißel der Zunge ist im Allgemeinen das erste Kreuz, das wir um Christi willen tragen müssen. Lasst euch also davon nicht beeindrucken: Es schüchterte Saulus nicht ein, nein, es ermutigte ihn vielmehr. Im Text heißt es: „Saulus aber gewann immer mehr an Kraft und trieb die Juden in die Enge, die in Damaskus wohnten, und bewies, dass dieser der Christus ist.” Widerstand hat einem aufrichtigen Konvertiten noch nie geschadet und wird es auch nie tun: Es gibt nichts Besseres als Widerstand, um den Mann Gottes vollkommen zu machen. Niemand außer einem Mietling, der sich nicht um die Schafe kümmert, 58Joh 10,13 wird sich vor dem Näherkommen oder dem Heulen von Wölfen fürchten. Die Diener Christi sind kühn wie Löwen: Solche Männer wie sie fliehen nicht so einfach.

   Und deshalb (damit ich zu einem Schluss kommen kann) lasst die Geistlichen und Jünger Christi von Saulus lernen, die Menschen und ihre Schmähungen nicht zu fürchten; sondern, wie er, an Kraft zu gewinnen, je mehr böse Menschen sich bemühen, ihre Hände zu schwächen. Wir können keine Christen sein, ohne auf Widerstand zu stoßen: Nein: Jünger im Allgemeinen müssen leiden; Geistliche im Besonderen müssen große Dinge leiden. Aber das sollte keinen von uns von unserer Standhaftigkeit im Evangelium abbringen. Er, der Saulus zur Seite stand und ihn stärkte, wird auch uns beistehen und uns stärken: Gott ist ein Held, der Rettung schafft 59Zeph 3,17 allen, die auf ihn vertrauen. Wenn wir mit einem Auge des Glaubens aufblicken, können wir, wie auch der erste Märtyrer Stephanus, Jesus zur Rechten Gottes stehen sehen, bereit, uns zu helfen und zu beschützen. Obwohl der Sitz des Herrn im Himmel ist, hat er doch in besonderer Weise Respekt für seine Heiligen, wenn sie hier auf Erden leiden: Dann ruht der Geist Christi und der Herrlichkeit auf ihren Seelen. Und wenn ich meine eigene Erfahrung äußern darf, erfreue ich mich nie an reicheren Mitteilungen von Gott, als wenn ich verachtet bin und verlassen von den Menschen 60Jes 53,3 um Jesu Christi willen. So wenig sie das auch im Sinn haben mögen, meine Feinde sind meine größten Freunde. Was ich am meisten fürchte, ist eine Stille; aber die Feindschaft, die in den Herzen natürlicher Menschen gegen Christus herrscht, wird sie nicht lange schweigen lassen. Nein, so wie ich hoffe, dass das Werk Gottes zunehmen wird, so wird auch der Widerstand von Menschen und Teufeln zunehmen. Lasst uns deswegen also die ganze Waffenrüstung Gottes anziehen: 61Eph 6,10 Fürchten wir uns nicht vor dem Angesicht der Menschen: „Fürchtet viel mehr den, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.“ 62Mt 28,10 Ich sage euch: Lasst uns ihn allein fürchten. Ihr seht, wie schnell Gott die Wut seiner Feinde stoppen kann.

   Ihr habt gerade eben von einem stolzen, mächtigen Eiferer gehört, der in seiner vollen Laufbahn gestoppt, mit einem Licht vom Himmel auf die Erde niedergeschlagen und von der allmächtigen Kraft der wirksamen Gnade bekehrt wurde und der daraufhin mit Eifer den Glauben förderte, ja sogar entschlossen für den Glauben litt, den er einst selbst mit Drohungen und Mord aktiv zu zerstören versucht hatte. Das soll uns lehren, Mitleid mit den erbittertsten Feinden unseres Herrn zu haben und für sie zu beten. Wer weiß, aber als Antwort darauf schenkt ihnen unser Herr vielleicht die Buße zum Leben? Die meisten denken, dass Christus Respekt vor dem Gebet des Stephanus hatte, als er Saulus bekehrte. Vielleicht lässt Gott es aus diesem Grund zu, dass seine Gegner immer weitermachen, damit seine Güte und Macht bei ihrer Bekehrung noch heller leuchten möge.

   Aber lasst nicht die Verfolger Christi dadurch ermutigt werden, ihren Widerstand fortzusetzen. Denkt daran: Obwohl Saulus bekehrt wurde, wurden der Hohepriester und Saulus Gefährten zurückgelassen, tot in Übertretungen und Sünden. 63Eph 2,1 Und wenn das mit euch der Fall sein sollte, werdet ihr von allen Menschen am elendsten dran sein: Denn Verfolger haben den niedrigsten Platz in der Hölle. Und wenn Saulus von einem Licht vom Himmel auf die Erde niedergeschlagen wurde, wie wirst du dann vor Jesus Christus bestehen können, wenn er in schrecklicher Majestät kommt, um Rache an allen zu nehmen, die sein Evangelium verfolgt haben? Dann wird die Frage: „Warum verfolgst du mich?“ dich durch und durch schneiden. Die heimliche Feindschaft eurer Herzen wird dann vor den Menschen und Engeln aufgedeckt werden, und ihr werdet dazu verdammt sein, im Dunkel der Finsternis in Ewigkeit 64Jud 1,13 zu wohnen. Deshalb küsst den Sohn, damit er nicht zornig wird. 65PS 2,12 Denn auch du kannst noch Gnade finden, wenn du an den Sohn Gottes glaubst. Auch wenn du ihn verfolgst, wird er doch dein Jesus sein. Ich kann an keinem von euch verzweifeln, wenn ich einen Saulus unter den Jüngern in Damaskus finde. Auch wenn eure Sünden scharlachrot sind, das Blut Christi wird sie weißer als Schnee waschen. 66Ps 51,9 Wenn ihr viel zu vergeben bekommen nötig habt, verzweifelt nicht. Glaubt nur und so wie Saulus, von dem ich gerade gesprochen habe, liebt viel. Er hielt sich selbst für den größten Sünder von allen 671Tim 1,15 und arbeitete deswegen mehr als sie alle. 681Kor 15,10

   Wer ist unter euch, der den Herrn fürchtet? Wessen Herz hat der Herr jetzt geöffnet, um auf die Stimme seines armen, unwürdigen Dieners zu hören? Gewiss, der Herr wird mich nicht umsonst predigen lassen. Wer ist die glückliche Seele, die heute im Blut des Lammes gewaschen werden soll? Wird kein armer Sünder sich von Saulus ermutigen lassen, zu Jesus Christus zu kommen? Ihr drängt euch alle aneinander, aber wer von euch wird den Herrn Jesus berühren? Was für ein Trost wird es für Saulus und für eure eigene Seele sein, wenn ihr ihm im Himmel begegnet und ihm erzählt, dass es ein Mittel zum Zweck, unter Gott, zu eurer Bekehrung war, von ihm zu hören! Zweifellos wurde es zur Ermutigung aller armen, umkehrenden Sünder aufgeschrieben. Er selbst sagt es uns: „Denn Gott hat in mir allen Langmut erwiesen, zum Vorbild für die, die künftig an ihn glauben würden zum ewigen Leben.“ 691Tim 1,16 Wäre Saulus selbst hier, würde er es euch sagen, ganz bestimmt würde er das tun; aber, weil er tot ist, spricht er zu uns noch über diesen Bericht seiner Bekehrung. O dass Gott dadurch zu euren Herzen sprechen würde! O, dass die Pfeile Gottes heute tief in euren Seelen stecken bleiben und ihr schreit: „Wer bist du, Herr?“ Sind hier solche unter euch? Mir scheint, ich fühle etwas von dem, was dieser Saulus empfand, als er sagte: „Ich leide abermals Geburtswehen um euch, bis Christus in euch Gestalt gewonnen hat.“ 70Gal 4,19 O kommt, kommt her zu Jesus, an den Saulus glaubte; und dann ist es mir egal, ob die Hohepriester noch so viele Schriftstücke ausstellen oder mich mit Gewalt ins Gefängnis verschleppen. Der Gedanke, maßgeblich an eurer Rettung beteiligt zu sein, würde mich dort sogar um Mitternacht Loblieder singen lassen. 71Apg 16,25 Und ich weiß, dass ihr meine Freude und meine Krone des Ruhms 721Thess 2,19 sein werdet, wenn ich aus diesem irdischen Gefängnis befreit werde und euch später im Reich Gottes treffen werde.

Ihm, dem alleinigen Gott, der durch unsern Herrn Jesus Christus unser Retter ist – ihm gebührt Herrlichkeit und Erhabenheit, Macht und Gewalt wie vor aller Weltzeit, so auch jetzt und in alle Ewigkeit! Amen. 73Jud 1,25

Fussnoten

  • 1
    2 Tim 3,12
  • 2
    Mt 5,10
  • 3
    1Mo 3,15
  • 4
    Joh 15,19
  • 5
    Lk 11,21
  • 6
    Offb 10,6
  • 7
    1Petr 2,23
  • 8
    Jes 53,7
  • 9
    Apg 7,58
  • 10
    Apg 26,11
  • 11
    Spr 27,20
  • 12
    Pred 7,16
  • 13
    Apg 2,46
  • 14
    Ps 2,4
  • 15
    Apg 22,6
  • 16
    Apg 9,4
  • 17
    Lk 10,41
  • 18
    Jer 22,29
  • 19
    Offb1,14
  • 20
    Sach 2,12
  • 21
    Joh 1,14
  • 22
    Apg 2,37
  • 23
    1Kor 15,28
  • 24
    Mt 1,21
  • 25
    Heb 4,12
  • 26
    Eph 2,8
  • 27
    Apg 9,5
  • 28
    Ps 2,6
  • 29
    Joh 3,8
  • 30
    Röm 9,15
  • 31
    Mt 24,40
  • 32
    Röm 11,33
  • 33
    Mt 11,26
  • 34
    Röm 8,15
  • 35
    Eph 6,16
  • 36
    Heb 2,10
  • 37
    Röm 8,15
  • 38
    Hld 2,8
  • 39
    Heb 1,1
  • 40
    2Mo 33,11
  • 41
    Gal 1,14
  • 42
    Apg 2,37
  • 43
    Mk 3,35
  • 44
    Jes 44,22
  • 45
    2Kor 12,4
  • 46
    Röm 8,15
  • 47
    Hld 5,10
  • 48
    Kol 3,22
  • 49
    5Mo 28,47
  • 50
    Joh 3,29
  • 51
    Apg 22,3
  • 52
    Joh 7,47
  • 53
    1Kor 4,10
  • 54
    Apg 9,20
  • 55
    1Kor 13,1
  • 56
    1Kor 2,4
  • 57
    Mt 5,14
  • 58
    Joh 10,13
  • 59
    Zeph 3,17
  • 60
    Jes 53,3
  • 61
    Eph 6,10
  • 62
    Mt 28,10
  • 63
    Eph 2,1
  • 64
    Jud 1,13
  • 65
    PS 2,12
  • 66
    Ps 51,9
  • 67
    1Tim 1,15
  • 68
    1Kor 15,10
  • 69
    1Tim 1,16
  • 70
    Gal 4,19
  • 71
    Apg 16,25
  • 72
    1Thess 2,19
  • 73
    Jud 1,25