Eine Ermahnung für die Seele zu sorgen: Das Eine was nötig ist

Lukas 10,42: „Eins aber ist nötig.“

Es entsprach dem liebenswürdigen Charakter unseres gesegneten Erlösers, dass er „umherzog und Gutes tat“ 1Apg 10,38 und dieses große Motiv, das hinter allen seinen Handlungen stand, brachte ihn zum Haus seines Freundes Lazarus in Bethanien und bestimmte sein Verhalten dort. Obwohl es eine Auszeit von der öffentlichen Arbeit war, brachte unser Herr die Atmosphäre und die fromme Zuwendung eines Predigers der Gerechtigkeit in das Wohnzimmer eines Freundes; und dort rann seine Lehre wie der Regen und rieselte wie der Tau 25Mo 32,2 herab auf den kleinen glücklichen Kreis, der ihn damals umgab. Maria, die Schwester des Lazarus, gesellte sich mit großer Freude zu ihnen; sie setzte sich zu Füßen Jesu in der Haltung einer demütigen Jüngerin; und wir haben viele Gründe zu der Annahme, dass Martha, seine andere Schwester, sich gerne dort zu ihr gesellt hätte; aber die häuslichen Pflichten lasteten schwer auf ihr, und „sie war sehr beschäftigt mit vielem Dienen;“ vielleicht weil sie zu beflissen war, ihrem himmlischen Herrn und dem ihn begleitenden Gefolge eine üppige Bewirtung zu bereiten. Glücklich sind diejenigen, die im Trubel der Geschäfte nichts von der Spiritualität ihres Geistes und der Gelassenheit und Sanftheit ihres Gemüts verlieren. Diese gute Frau kommt mit einer allzu ungeduldigen Beschwerde zu unserem Herrn; mit der Andeutung einer kleinen Bemerkung, nicht nur über Maria, sondern auch über ihn selbst. „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr doch, dass sie mir helfe!“ Unser Herr, bereit, jede Gelegenheit zu nutzen, um nützliche Gedanken vorzuschlagen, antwortet ihr mit den Worten, von denen der Vers ein Teil ist: „Martha, Martha! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eins aber ist nötig. Maria aber hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden wird.“ Ach, Martha! Die Anliegen der Seele sind von so viel größerer Bedeutung als die des Körpers, dass ich deiner Schwester in diesem Fall keinen Vorwurf machen kann: Eher empfehle ich dir, sie nachzuahmen und ermahne dich und alle meine anderen Freunde, gut aufzupassen, dass ihr inmitten eurer weltlichen Besorgungen nicht das aus den Augen verliert, was eure Aufmerksamkeit viel mehr verdient.

Ich werde diese Worte „Eins aber ist nötig“ als eine Art Aphorismus oder weisen und gewichtigen Spruch betrachten, der aus dem Mund unseres gesegneten Erlösers stammt und offensichtlich unsere größte Aufmerksamkeit verdient. Ich werde:

  1. Darlegen, was wir unter diesem „Eins“, von dem hier die Rede ist, verstehen sollen.
  2. Euch zeigen, was damit beabsichtigt ist, wenn es heisst, es ist nötig.
  3. Euch darlegen, dass tatsächlich dieses Eine nötig ist. Und dann mit einigen abschliessenden Bemerkungen zum Schluss kommen.

Meine Freunde, die vorliegenden Worte sind bis heute genauso wahr wie vor siebzehnhundert Jahren. Bemüht euch darum, auf sie achtzugeben. O mögt ihr doch durch die göttliche Gnade dazu aufgeweckt werden, ihnen mit gebührender Aufmerksamkeit zuzuhören und dass ihr von den klaren und ernsten Dingen, die jetzt besprochen werden sollen, so beeindruckt seid, wie ihr es wahrscheinlich wärt, wenn ich an eurem Sterbebett sprechen würde, und ihr den nahen und lebendigen Blick auf die Ewigkeit hättet!

Als erstes werde ich darlegen, was wir unter dem „Eins, was nötig ist“ verstehen sollen.

Nun, in wenigen Worten, es ist die „Sorge für die Seele“, die, wie ihr im Text seht, in Opposition zur übermäßigen Sorge für den Körper steht, für die Martha von unserem Herrn sanft ermahnt wurde. Das ist eine allgemeine Antwort und sie umfasst eine Vielzahl wichtiger Einzelheiten, welche euch näherzubringen im Allgemeinen die Aufgabe unseres Dienstes ist: Die Sorge für die Seele setzt die Bereitschaft voraus, die Worte Christi zu hören und uns mit Maria zu seinen Füßen zu setzen und sowohl das Gesetz als auch das Evangelium aus seinem Mund zu empfangen. Sie setzt voraus, dass wir von diesem göttlichen Lehrer über den Wert unserer Seelen, ihre Gefährdung und ihr Heilmittel lernen und dass wir uns vor allen anderen Dingen um ihre Erlösung sorgen. Dass wir, indem wir alle unsere Sünden von ganzem Herzen bereuen und von ganzem Herzen an das ewige Evangelium glauben, den Herrn Jesus Christus für Gerechtigkeit und Leben annehmen und unsere Seelen auf dem Wert seiner Sühnung und der Wirksamkeit seiner Gnade ruhen. Es bedeutet unsere aufrichtige Hingabe an den Dienst Gottes und ein treues Festhalten daran, ungeachtet aller Widerstände, die sich aus innerer Verdorbenheit oder äußeren Versuchungen ergeben und ein entschlossenes Beharren auf dem Weg der Abhängigkeit vom Evangelium, bis wir das Ziel unseres Glaubens erlangen, nämlich der Seelen Seligkeit. 31Petr 1,9 Das ist dieses „Eins, was nötig ist“, das tatsächlich in verschiedenen Schriften unter verschiedenen Namen dargestellt wird. Manchmal wird es „die neue Geburt“ oder „die neue Schöpfung“ genannt, weil es das gesegnete Werk der wirksamen Gnade Gottes ist. Manchmal „die Furcht des Herrn“ und manchmal „die Liebe zu ihm, dass wir seine Gebote halten“ 4Joh 5,3 und sehr häufig wird es im Neuen Testament „Glaube“ oder „Christus annehmen und an ihn glauben“ genannt, deshalb ist es dargestellt als „die großen Werke Gottes“, die große Sache, die Gott in seinem herrlichen Evangelium verlangt, sowie durch seinen Geist in uns erzeugt: Jedes dieser Dinge umfasst, wenn es richtig verstanden und erklärt wird, alles, was ich zu diesem Thema gesagt habe. Im Großen und Ganzen können wir sagen: So wie der Körper eins ist, obwohl er viele Glieder hat, und die Seele eins ist, obwohl sie viele Bereiche hat, so ist im vorliegenden Fall die reale lebendige Religion „eine Sache.“ Ein heiliges Prinzip des göttlichen Lebens, das uns dazu bringt, um unsere Seelen besorgt zu sein wie um unseren größten Schatz. Es handelt sich um eine Sache, ungeachtet der vielen verschiedenen Blickwinkel, aus denen sie betrachtet werden kann und verschiedenen Beschreibungen, mit denen sie skizziert werden kann. Ich fahre damit fort:

Zweitens, darzulegen, was damit gemeint sein könnte, wenn es heisst, es ist nötig.

Nun denke ich, dass es natürlich diese drei Besonderheiten umfasst: Es handelt sich um eine Angelegenheit von universeller Bedeutung, von höchster Bedeutung, und von so umfassender Natur, dass alles, was unserer Beachtung wirklich würdig ist, als darin enthalten oder ihr untergeordnet angesehen werden kann. Lasst mich jede dieser Einzelheiten ein wenig erläutern.

1. Die Sorge für Seele kann als das „Eine, was nötig ist“ bezeichnet werden, da sie eine Angelegenheit von ganz allgemeiner Bedeutung ist.

Schaut, unser Herr spricht davon, dass es ganz allgemein nötig ist. Er sagt nicht: Für diese oder jene bestimmte Person; oder für diejenigen in einem solchen Alter, in dieser Stellung oder diesen Lebensumständen, sondern: Nötig für alle. Und in der Tat, wenn man über ein solches Thema spricht, könnte man es mit den feierlichen Worten des Psalmisten einleiten: „Hört dies, ihr Völker alle; nehmt es zu Ohren, alle Bewohner der Welt; Söhne der Einfachen wie der Vornehmen, Reiche und Arme miteinander!“ (Ps 49,1-2) Denn es geht uns alle an, vom König, der auf dem Thron sitzt, bis zur Magd, die hinter der Handmühle sitzt, oder dem Armen, der auf dem Kot liegt. 52Mo 11,5 / 1Sam 2,8 Es ist nötig für uns Geistliche, denn unsere eigene Seligkeit ist betroffen. Und wehe, unerträgliches Wehe wird unseren Seelen widerfahren, wenn wir denken, es reicht aus, es anderen zu empfehlen und darüber mit warmen oder strengen Worten zu sprechen in öffentlichen Versammlungen oder in unseren privaten Gesprächen, während es nicht unsere Herzen durchdringt, als unsere eigene größte Sorge. Unser Fall wird dann dem des israelitischen Herrn in Samaria ähneln (2Kö 7,2), der bei der Aufhebung der Belagerung damit beauftragt wurde, das Getreide zu verteilen; obwohl wir es mit unseren eigenen Augen sehen 62Kön 7,2 und es mit unseren Händen verteilen, werden wir selbst elend sterben, ohne die Segnungen zu schmecken, die wir vermitteln. Es ist für alle unsere Zuhörer nötig, ohne Ausnahme einer einzigen Person. Für euch Reiche ist es nötig, auch wenn es für euch in manchen Fällen besonders schwierig sein mag, vergleichsweise sogar so schwierig, wie für ein „Kamel, das durch ein Nadelöhr geht.“ (Mt 19,24) Wenn du es jedoch vernachlässigst, bist du arm trotz all deines Reichtums und elend trotz all deines Überflusses. Ein armer Schlucker am Verhungern wäre weniger Gegenstand des Mitleids als du in einem prächtigen Palast und in teurer Kleidung. Es ist nötig für euch Arme; obwohl ihr mit so vielen ängstlichen Sorgen bekümmert seid, „was ihr essen werdet, was ihr trinken werdet, womit ihr euch kleiden werdet.“ (Mt 6,31) Die Natur, die euch zu solchen Ängsten befähigt, argumentiert, dass für euch „die Speise, die bis ins ewige Leben bleibt,“ (Joh 6,27) viel wichtiger ist als die, mit welcher dieser sterbliche Körper unterstützt werden muss. Es ist nötig für diejenigen, die schon in fortgeschrittenem Alter sind; obwohl eure Kraft beeinträchtigt ist, so dass „die Heuschrecke sich mühsam dahinschleppt,“ (Pred 12,5) und obwohl ihr durch euer langes Verharren in der Sünde dieses große Werk so schwer gemacht habt, dass man euch aus Mitleid in Ruhe lassen würde, wenn es nicht so wichtig wäre, euch daran zu erinnern; ja, so spät es auch ist, es muss getan werden, sonst werden eure grauen Häupter mit Zorn zu Grabe getragen und unter einem Fluch versinken, der mit jedem Jahr und jedem Tag eures Lebens schlimmer wird. Es ist für euch Jungen nötig, auch wenn ihr von so vielen heiteren Eitelkeiten dazu animiert werdet, es zu vernachlässigen. Auch wenn es euch zurzeit als eine Sache erscheinen mag, für die es noch zu früh und noch nicht an der Zeit ist, ich wiederhole es noch einmal: Es ist für euch nötig, unmittelbar nötig, es sei denn, ihr, die ihr so oft über den Staub eurer Brüder und Gefährten lauft, die in der Blüte und Kraft ihrer Tage gestorben sind, habt für euch selbst einen geheimen Bund mit dem Grab geschlossen und eine wunderbare, bisher unbekannte Methode gefunden, euch dieses weltliche Leben zu sichern und es noch für die kommenden Tage und Monate aufzusparen, während andere es für keinen einzigen Augenblick mehr verlängern 7Mt 6,27 / Lk 12,25 können.

2. Die Sorge um die Seele ist „eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit;“ wichtiger als alles andere.

Salomo sagt über die Weisheit: „Sie ist edler als Perlen, und alles, was du wünschen magst, ist ihr nicht zu vergleichen.“ (Spr 3,15) Genauso kann ich auch von dieser großen und allerwichtigsten Weisheit reden: Was auch immer damit auf die Waage gelegt werden wird, wird allesamt leichter sein als ein Hauch! 8Ps 62,10 Das wird stark angedeutet, wenn es im Text heißt: „Eines ist nötig.“ Eins, und nur eines allein ist so. So wie der gepriesene Gott „allein weise“ ist (so heißt es in 1Tim 1,17) und „allein heilig“ (Offb 15,4). Denn die Weisheit und Heiligkeit von Engeln und Menschen ist nichts im Vergleich dazu. Was im Leben am großartigsten und wichtigsten erscheint, wofür Könige und Senatoren, wofür die Weisesten und Größten dieser Welt ihre Zeit, ihre Beratungen, ihre Schreibstifte, ihre Arbeitskraft verwenden, sind Trivialitäten im Vergleich zu dieser einen Sache. Ein Mensch kann sein Leben zubringen und er mag in einem beträchtlichen Maße dabei auch glücklich sein, ohne Bildung, ohne Reichtum, ohne Titel, ohne Gesundheit, ohne Freiheit, ohne Freunde, ja, ist denn „nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?“ (Mt 6,25) und doch würde er glücklich sein, unsagbar glücklich, ohne den Körper selbst. Aber er kann es nicht sein, wenn er das Eine was nötig ist, vernachlässigt. Deshalb muss ich eure Wertschätzung mit den Worten von Mose darauf lenken: „Denn es ist nicht ein leeres Wort an euch, sondern es ist euer Leben.“ (5Mo 32,47)

3. Die Sorge für die Seele ist von so umfassender Natur, dass alles, was es wirklich würdig ist, dass wir darauf bedacht sind, 9Phil 4,8 als darin enthalten oder ihr untergeordnet angesehen werden kann.

So wie David feststellt, dass „das Gebot Gottes unbeschränkt ist,“ (Ps 119,96) können wir über diese eine Sache, die nötig ist, so sprechen, wie Salomo es sehr treffend und nachdrücklich ausdrückt: „Gott zu fürchten und seine Gebote zu halten, das soll jeder Mensch tun.“ (Pred 12,13) Das soll er tun und das soll sein ganzes Interesse sein; und alles, was weise und vernünftig ist, bildet an seinem richtigen Platz und in seiner richtigen Verbindung einen Teil davon. Wir würden sehr schlecht über die Natur dieser Sorge urteilen, wenn wir annehmen würden, dass sie lediglich aus Akten der Hingabe oder religiöser Kontemplation bestehe; es umfasst das ganze schöne und harmonische Band sozialer und menschlicher Tugenden. Es erfordert eine Sorge für die Gesellschaft, eine Sorge für unseren Körper und unsere zeitlichen Belange; aber dann muss alles durch die richtige Rücksichtnahme auf Gott, Christus und die Unsterblichkeit reguliert, gelenkt und belebt werden. Auf unsere Nahrung und unsere Ruhe, unsere Geschäfte und unsere Arbeit muss geachtet werden und alle Ämter der Menschheit müssen im Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, zur Ehre Christi und in der Absicht, den Geist zu verbessern in zunehmender Sanftmut bis zu einem Zustand absoluter Vollkommenheit ausgeführt werden. Nennt etwas, das überhaupt keinen Bezug dazu hat, und ihr nennt eine wertlose Kleinigkeit, egal wie vergoldet sie auch sein mag, um das Auge zu verführen, oder wie süß, um den Geschmack zu befriedigen. Nennt eine Sache, die, anstatt die Seele auf diese Weise zu verbessern, dazu neigt, sie zu erniedrigen und zu verunreinigen, sie zu versklaven und zu gefährden, und ihr nennt das, was am unnützesten und schädlichsten ist, sei der Lohn der Ungerechtigkeit auch noch so groß; höchst schmutzig und entstellt, sei es in den Augen der Menschen noch so ehrenhaft oder in ihren Bräuchen noch so modisch. So habe ich mich bemüht, euch zu zeigen, was unserer Meinung nach mit dem Ausdruck „eine Sache ist nötig“ angedeutet ist.

Drittens: Zeige ich euch auf, wie sehr es angemessen ist, dass die Sorge für die Seele unter diesem Wesensmerkmal dargestellt werden kann, als das Einzige, was nötig ist, oder als eine Angelegenheit von universeller und aller-ernstester Bedeutung, der alles andere als untergeordnet zu betrachten ist, wenn es überhaupt unserer Sorge und Strebens würdig ist.

Lasst mich dabei an die Gefühle von denjenigen appellieren, denen es am besten gestattet sein muss, in einer solchen Angelegenheit zu urteilen, und an den offensichtlichen Grund dafür, der jedem unvoreingenommenen Geist einleuchten muss.

1. Lasst mich auf der Grundlage der Meinung derjenigen argumentieren, denen es am besten gestattet sein muss, in einer solchen Angelegenheit zu urteilen, und wir werden schnell erkennen, dass für sie die Sorge um das Eine das ist, was nötig ist.

Wenn das Gericht des gesegneten Gottes der Wahrheit entsprechend ergeht 10Röm 2,2 wie deutlich und wie feierlich wird dieses Urteil verkündet? Nicht nur beschränkt auf diese oder jene bestimmte Textstelle seines Wortes, sondern in der gesamten Reihe seiner Offenbarungen an die Menschenkinder und im gesamten Tenor seiner Ansprachen an sie? Ist das nicht die Sprache von ihnen allen, von den Anfängen Hiobs und Moses bis zum Abschluss des Kanons der Heiligen Schrift? (Hi 28,21+23+28): „Wenn die Weisheit verborgen ist vor den Augen aller Lebendigen, Gott weiß den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Stätte.“ Und wenn das so ist, dann wird deutlich darauf hingewiesen, denn er sprach zum Menschen: „Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und vom Bösen weichen, das ist Einsicht!“ Durch Mose verkündete er den Israeliten, die Gebote des Herrn zu tun sei „ihre Weisheit und ihr Verstand vor den Augen der Völker, wenn sie alle diese Gebote hören, werden sie sagen: Wie ist doch dieses große Volk ein so weises und verständiges Volk!” (5Mo 4,6) Als er einen Mann mit dem Charakter des Weisesten, der je auf der Erde gelebt hat, auf den Thron Israels gesetzt hatte, beschloss er, ihn zu einem herausragenden Lehrer dieser großen Wahrheit zu machen. Obwohl jetzt alles verloren gegangen ist, was dieser über die merkwürdigen und weniger relevanten Themen der Naturphilosophie sagte: „Er redete auch von den Bäumen, von der Zeder auf dem Libanon bis zum Ysop, der aus der Mauer wächst. Auch redete er vom Vieh, von den Vögeln, vom Gewürm und von den Fischen.“ (1Kö 5,13) Und dieses Sprichwort ist erhalten geblieben, in dem er bezeugt, dass „die Furcht des Herrn der Anfang der Erkenntnis ist“ (Spr 1,7) und in diesen Sprüchen, in fast jeder Zeile, werden die, welche Gott und ihre eigene Seele vernachlässigen, als Narren bezeichnet, als ob das die eigentliche Bedeutung des Wortes wäre, während nur die Religiösen mit dem Titel der Weisen geehrt werden. Aber in dieser Hinsicht, um diese Wahrheit im Namen Gottes und in seinem eigenen Namen zu beweisen: „Hier ist einer, der größer ist als Salomo.“ 11Lk 11,31

   Denn wenn wir nachfragen, was denn unser Herr Jesus Christus dachte, was das Eine sei, was nötig ist, geben die Worte des Textes darauf eine so vollständige Antwort, wie man sich nur vorstellen kann und ihre Bedeutung wird auf sehr lebhafte und nachdrückliche Weise in der bemerkenswerten Textstelle wiederholt, in der unser Herr nicht nur sein eigenes Urteil dazu verkündet, sondern an das Gewissen aller zu appellieren scheint, die durch ihre eigenen geheimen Überzeugungen dazu gezwungen werden, sich der Wahrheit dieses Urteils anzuschließen. „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele verliert? Oder was kann der Mensch als Lösegeld für seine Seele geben?“ (Mt 16,26)

Wenn sie einmal verloren wäre, was wäre er dann nicht bereit zu geben, um sie zurückzukaufen? Aber es kommt nicht nur auf die Worte Christi an. Lasst seine Taten, seine Leiden, sein Blut, seinen Tod ausdrücken, welchen Wert er auf die Seelen der Menschen legte. Ist es vorstellbar, dass er den Himmel aufgegeben hätte, auf der Erde gelebt hätte, Tag und Nacht gearbeitet hätte und schließlich am Kreuz gestorben wäre, für eine Angelegenheit von geringer Bedeutung? Oder können wir denken, dass er, in dem „alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis und die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnen“ (Kol 2,3+9) sich in seinem Urteil so geirrt hat, das so entschieden gefällt und so feierlich verkündet wurde?

   Wenn danach noch Raum wäre, menschliches Urteil und Zeugnisse zu erwähnen, wie einfach wäre es, eine Wolke von Zeugen 12Heb 12,1 dafür zu benennen und zu zeigen, dass die weisesten und besten Menschen aller Zeiten der Welt in diesem Punkt einer Meinung waren, dass unabhängig von allen Unterschieden in Ausrichtung und Berufen, welche nachfolgende Generationen hervorgebracht haben, dieses das einstimmige Urteil war, dieses die gemeinsame und wichtigste Sorge derjenigen, deren Charakter wirklich wertvoll ist, nämlich die Erlösung ihrer eigenen Seelen zu sichern und die Erlösung anderer zu fördern.

   Und lasst mich euch ernsthaft bitten, darüber nachzudenken: Was ist der Charakter derer, die sich die Freiheit genommen haben, am kühnsten und freimütigsten ihr Urteil auf der Gegenseite zu äußern? Ihre Zahl ist vergleichsweise gering; und wenn ihr das, was ihr über ihr Temperament und Verhalten beobachtet habt, mit dem vergleicht, was ihr selbst bei den treuen, aktiven und eifrigen Dienern Christi gesehen habt in unserer Zeit, mit denen ihr euch unterhalten habt (ich meine nicht, was ihr über heilige Männer aus vergangenen Zeiten gelesen habt); findet ihr dann im Großen und Ganzen, dass die Leugner und Verächter des Evangeliums tatsächlich so viel klüger sind und vernünftiger, so viel weiser für sich selbst und für andere, die von ihnen beeinflusst sind, dass wir uns verpflichtet fühlen müssten, der Autorität dieser einiger weniger Namen grösseren Respekt zu erweisen, als der von denen, deren Gegner sie sind?

   Aber ihr werdet sagen, und zwar zu Recht: „Auch wenn nur wenige es wagen, sich in Worten für die Vernachlässigung der Seele und ihrer ewigen Interessen auszusprechen macht der größte Teil der Menschheit doch genau das mit ihren Taten.“ Aber ist der größte Teil der Menschheit so weise und so gut, dass man unbedingt ihnen in Angelegenheiten von allerhöchster Wichtigkeit folgen muss? Und erklären sich nicht viele von ihnen massenweise in ihren ernstesten Momenten für die andere Seite? Wenn der Rausch weltlicher Geschäfte und Vergnügungen vorüber ist und eine schleichende Krankheit die Menschen zur Einsamkeit und Zurückgezogenheit zwingt; welche Auswirkung hat ein solcher Umstand eurer Meinung nach im Allgemeinen? Haben sie sich nicht dann von der Wahrheit überzeugen lassen, die wir jetzt zu vermitteln versuchen? Ja, sehen wir nicht manchmal, dass eine Krankheit, die den Geist mit Gewalt erfasst, aber seine Denkfähigkeit nicht völlig zerstört, diese Überzeugung in wenigen Stunden, ja manchmal in wenigen Augenblicken in der Seele verankert? Habt ihr noch nie ein fröhliches, gedankenloses Geschöpf gesehen, das im schwindelerregenden Karussell von Vergnügungen und Amüsements überrascht wurde und durch den nahen Anblick des Todes nicht nur zur Ernsthaftigkeit gebracht, sondern sogar in Angst und Schrecken versetzt wurde? Habt ihr noch nie gesehen, wie der Geschäftsmann und Unternehmer wie der reiche Narr im Gleichnis inmitten seiner Pläne für die heutige Welt unterbrochen wurde? Und habt ihr nicht den einen oder anderen von ihnen die Nichtigkeit dieser Freuden und Sorgen beklagen gehört, die ihnen noch bis vor wenigen Tagen alles bedeuteten? Wie sie auf einmal zugeben, dass die Religion das eine Nötige sei, und sie anderen mit einem Ernst empfehlen, als ob sie hofften, dadurch ihre eigene frühere Vernachlässigung wiedergutzumachen? Wir Geistlichen sind häufig Zeugen solcher Vorkommnisse, und ich glaube, nur wenigen unserer Zuhörer sind sie völlig fremd.

   Noch eins: Was wäre, wenn wir zu den Aussagen der Sterbenden auch die der Toten hinzufügen könnten? Was wäre, wenn Gott den Schleier zwischen uns und der unsichtbaren Welt beiseite schieben und dem sorglosesten Sünder aus dieser Versammlung erlauben würde, sich für ein paar Augenblicke mit den Bewohnern dieser Welt zu unterhalten? Wenn ihr euch an einen glücklichen Geist wenden würdet, der den dornigsten Weg zum Paradies beschritten oder die feurigste Prüfung durchgemacht hat, und ihn fragen würdet: „Hat es sich für dich gelohnt, für das, was du jetzt besitzt, dich so zu mühen und so viel zu ertragen?“ Wenn die Seligen im Himmel zur Empörung fähig wären, würde es sie sicherlich aufregen, wie man so eine Frage überhaupt stellen kann. Und auf der anderen Seite, wenn ihr jemanden befragen könntet, der in dieser Flamme unten Pein leidet, 13Lk 16,24 auch wenn er einst „in Purpur und kostbares Leinen bekleidet war und alle Tage herrlich und in Freuden lebte.“ (Lk 16,19) Wenn ihr ihn fragen könntet, ob seine früheren Freuden seine gegenwärtigen Leiden und Verzweiflung wert waren? Was glaubt ihr, würde er antworten? Vielleicht eine Antwort mit so viel Entsetzen und Wut, dass ihr sie nicht ertragen könntet. Oder wenn die Bösartigkeit seiner Natur ihn daran hindern sollte, überhaupt eine Antwort zu erwidern, gäbe es sicherlich selbst in dieser Stille eine Sprache, eine Sprache in der Dunkelheit, in den Flammen und im Stöhnen dieses höllischen Gefängnisses, die zum Inneren eurer Seele sprechen würde, was das Wort Gottes sagt, mit gleicher Gewissheit, wenn auch mit weniger gewaltsamer Überzeugung, und in euer Ohr flüstern würde: „Eines ist nötig.“ Also seht ihr, dass es sich so verhält, nach dem Urteil Gottes, des Vaters, und des Herrn Jesus Christus, und der weisesten und besten Menschen, sowie vieler, die zuerst anders darüber geurteilt hatten, dann aber zu bewussteren und ernsthafteren Überzeugungen kamen, und ausserdem nicht nur der Sterbenden, sondern auch der Toten, denen, die beide Welten kennen und mit Sicherheit wissen, welche vorzuziehen ist. Aber ich möchte das ganze Argument nicht hier ruhen lassen; deshalb,

2. berufe ich mich auf die offensichtliche Begründung des Falles selbst, wie es jedem unvoreingenommenen Verstand erscheinen muss, dass die Sorge für die Seele tatsächlich das Eine ist, was nötig ist.

Ich denke immer noch, dass ich nicht zu Atheisten oder Deisten spreche, sondern zu denen, die nicht nur an die Existenz und Vorsehung Gottes und einen zukünftigen Zustand von Glück und Elend glauben, sondern auch die Wahrheit der christlichen Offenbarung anerkennen, wie es zweifellos viele tun, die in einem Zustand der fatalen Vernachlässigung Gottes und ihrer eigenen Seele leben. Ein wenig Nachdenken über diese Grundsätze mag genügen, um euch davon zu überzeugen, dass es nötig ist für die derzeitige Ruhe eures eigenen Geistes; nötig, wenn ihr jemals ewiges Glück erlangen und ewiges Elend vermeiden möchtet, das durch all eure gegenwärtigen Freuden eher verschlimmert als gelindert wird.

2.1. Die Sorge für die Seele ist das Eine, was nötig ist, denn ohne sie kannst du den Frieden deines eigenen Geistes nicht sichern und den Vorwürfen deines Gewissens nicht entgehen.

Diese edle Einrichtung ist tatsächlich der Stellvertreter Gottes in der Seele. Es ist empfindsam gegenüber der Würde und des Wertes eines unsterblichen Geistes und schreit manchmal vor der Gewalt, die ihm angetan wird, und schreit so laut, dass der Sünder gezwungen ist, zu hören, ob er will oder nicht. Merkt ihr es nicht manchmal selbst? Wenn ihr euch am meisten anstrengt, die Bedenken eurer Seele zu vergessen, drängen sie sich dann nicht manchmal in eure Erinnerung? Ihr fürchtet euch vor den Reflektionen eures eigenen Geistes, aber könnt ihr sie mit all eurer Kunstfertigkeit und all eurer Entschlossenheit vollständig vermeiden? Folgt euch das Gewissen nicht bis in eure Betten, auch wenn ihm die Gelegenheit verweigert wurde, euch in euren Kammern zu treffen, und warnt euch dort, wenn auch mit unwillkommener Stimme, „dass eure Seele vernachlässigt wird und schnell verloren gehen wird?“ Folgt es euch nicht in eure Geschäfte und auf eure Felder, wenn ihr dort am meisten beschäftigt seid? Ja, ich füge hinzu, folgt es euch nicht manchmal zum Fest, in den Club, zum Tanz und vielleicht, trotz aller Widerstände, auch ins Theater? Vermischt es nicht manchmal eure süßesten Schlückchen mit Wermut und eure fröhlichsten Szenen mit Grauen? Wie ein Kaufmann, der seine Bücher und Papiere beiseite legt, weil er den Verdacht hat, dass seine Angelegenheiten in einem schlechten Zustand sind, doch manchmal kommen sie ihm zufällig in die Quere. Er wagt es kaum, aus dem Haus zu gehen, aus Angst, einem Gläubiger zu begegnen oder verhaftet zu werden. Und wenn er im Luxus zu Hause versucht, seine Sorgen und Bedrängnis zu vergessen, wird manchmal gerade durch diese Extravaganzen die Erinnerung geweckt und die Besorgnis verstärkt, die er durch sie zu vergessen versucht. Vielleicht ist das auch der Fall mit eurem Geist und es ist ein sehr schmerzhafter Zustand; und solange die Dinge innerlich so sind, können äußere Umstände euch nicht glücklich machen. Wenn diese große Angelegenheit jedoch gesichert wäre, könntet ihr euch am Nachdenken erfreuen, so sehr ihr es jetzt fürchtet; und das Gewissen würde vom bittersten Feind zu einem wunderbaren Freund werden, und das Zeugnis davon zu eurer größten Freude.

2.2. Die Sorge für die Seele ist das Eine, was nötig ist, denn ohne sie geht dein ewiges Glück verloren.

Eine Krone von ewig andauernder Herrlichkeit ist sicher nicht so eine Kleinigkeit, dass man sie an ein sorgloses Geschöpf verschwenden kann, das nicht ernsthaft nach ihr strebt. Gott verhält sich normalerweise nicht so, selbst nicht mit den Gaben seiner allgemeinen Vorsehung, die vergleichsweise von geringem Wert sind. Was diese betrifft, eine fleißige Hand macht reich 14Spr 10,4 und man würde jemanden eher für verwirrt als für klug halten, der damit rechnet, ein Vermögen zu bekommen, nur weil er es sich wünscht und ohne eine entschlossene und kontinuierliche Anwendung einer angemessenen Vorgehensweise zu diesem Zweck. Nun, damit wir nicht törichterweise davon träumen, den Himmel zu erlangen, mittels eines Weges der Trägheit und Faulheit; im Wort Gottes wird uns ausdrücklich gesagt, dass „das Reich der Himmel Gewalt leidet, und die, welche Gewalt anwenden, es an sich reißen.“ (Mt 13,14) und deshalb werden wir ermahnt, mit größter Intensität und Eifer des Geistes „danach zu ringen,“ was das Wort eigentlich bedeutet, „durch die enge Pforte hineinzugehen,“ aus diesem großen und wichtigen Grund, „denn viele werden hineinzugehen suchen und es nicht können.“ (Lk 13,24) Ja, wenn unser Herr dem demütigen Bittsteller die gnädigsten Versprechungen macht, tut er es auf eine Weise, dass er die Hoffnungen derjenigen ausschließt, die nachlässig und gleichgültig sind. „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ (Mt 7,7)

Wenn ihr also nicht bittet, sucht und anklopft, wird die Tür der Barmherzigkeit nicht geöffnet und das ewige Glück geht verloren. Nicht, dass der Himmel durch unsere eigenen guten Werke erlangt werden kann: Nein, nein; denn, nachdem wir alles getan haben, müssen wir uns als unnütze Knechte bezeichnen. 15Lk 17,10

   Und wenn ich zu den fatalen Folgen eurer Nachlässigkeit nichts anderes sagen könnte, als dass das ewige Glück verloren geht, würde ich sicherlich genug sagen, um jeden Geist zu beeindrucken, der darüber nachdenkt, was Ewigkeit bedeutet. In einen Zustand ewigen Vergessens zu verfallen, könnte für einen Geist, der von der Angst vor zukünftigem Elend erfüllt ist, tatsächlich als Zufluchtsort erscheinen. Aber oh, was für eine schreckliche Zuflucht ist das! Gewiss ist es eine solche Zuflucht, wie ein riesiger Abgrund (von dem ein Mann, der stürzt, in einem Augenblick in Stücke zerschmettert würde), einem Menschen erscheinen könnte, der von den Beamten der Justiz verfolgt wird, um ihn zu einer qualvollen und langsamen Hinrichtung zu führen. Wenn ein verschwenderischer Jugendlicher Grund hätte, voller Kummer auf ein schönes und großzügiges väterliches Erbe zurückzuschauen, das er verkauft oder verschleudert hätte nur für den Rausch einiger weniger Tage; wie viel melancholischer wäre es für einen rationalen Verstand, daran zu denken, dass sein ewiges Glück im Tausch für irgendwelche irdischen Dinge verloren ging? Quälender Gedanke! „Hätte ich mich um die eine Sache gekümmert, die ich vernachlässigt habe, wäre ich durch die Gnade Gottes in Christus Jesus vielleicht groß und glücklich über allen Maßen, über alle Vorstellungen hinaus gewesen: Nicht nur für die kleine Zeitspanne von zehntausend mal tausend Zeitaltern, sondern für immer. Eine Linie, die sogar bis zum entferntesten Stern reicht, würde nicht reichen, die Zahl der Zeitalter zu erfassen, noch würden Millionen von Jahren ausreichen, um sie auszurechnen; das ist die Ewigkeit, aber ich habe sie verloren und befinde mich nun am Rande des Seins. Diese Leuchte, welche die des Firmaments hätte überdauern können, wird nun ausgelöscht, und ich aus den Werken Gottes getilgt und von allen Gnadengaben seiner Hand abgeschnitten.“ Wenn das alles wäre, wäre das nicht absolut jammervoll? Und würde das nicht ausreichen, zu beweisen, dass dies der bessere Teil ist, der, wie unser Herr bemerkt, „niemals weggenommen werden kann?“ Aber Gott bewahre, dass wir ihm so untreu sind und den Seelen der Menschen noch dazu, uns nur auf eine solche Darstellung zu stützen. Ich füge daher noch eine weitere hinzu:

2.3. Die Sorge für die Seele ist das Eine, was nötig ist, denn ohne sie könnt ihr einen Zustand ewigen Elends nicht vermeiden, der durch all eure gegenwärtigen Freuden eher verschlimmert als gelindert wird.

Nichts kann deutlicher im Wort des Gottes der Wahrheit stehen. Es scheint sich hier eindeutig um einen schon entschiedenen Fall zu handeln, der keinen Raum für eine günstigere Vermutung oder Hoffnung lässt. „Die Gottlosen müssen ins Totenreich hinabfahren, alle Heidenvölker, die Gott vergessen.“ (Ps 9,19) „Sie werden in die ewige Strafe hingehen;” (Mt 25,46) in einen Zustand, in dem sie vergeblich den Tod suchen und der Tod vor ihnen fliehen wird. Oh! Brüder, es ist eine sichere, aber schreckliche Wahrheit, dass eure Seelen denkende und unsterbliche Wesen sein werden, auch gegen ihren Willen. Sie werden sich zwar quälen, aber sie können sich nicht selbst zerstören. Sie können ihre Denk- und Wahrnehmungskraft ebenso wenig aufheben wie ein Spiegel seine Eigenschaft, Strahlen zu reflektieren, die auf seine Oberfläche fallen. Vermutet ihr das Gegenteil? Macht sofort den Versuch. Befehlt eurem Geist, nur für eine Viertelstunde oder die Hälfte dieser Zeit nichts mit den Gedanken zu erschaffen, und schließt jede Idee und jedes Nachdenken aus. Kann euch dieser Versuch gelingen? Oder besser gesagt, drängen die Gedanken sich nicht mit einer empfindlicheren Gewalt auf diesen Widerstand hin auf; so wie ein ängstliches Verlangen zu schlafen uns umso wacher macht?

So wird der Gedanke euch über das Grab hinaus folgen, so wird er sich euch wie ein unwillkommener Gast aufdrängen, wenn er nur dazu dienen kann, den Geist zu verwirren und zu quälen. Es wird dich für immer tadeln, dass du trotz aller gütigen Worte Gottes und der Menschen, trotz aller scharfen Vorwürfe des Gewissens und der Bitten des Blutes Christi in deiner Dummheit weitergemacht hast, bis der Himmel verloren und die Verdammnis entstanden ist; und das alles wofür, für einen Schatten und einen Traum?

   Oh, ihr Sünder, denkt nicht, dass die Erinnerung an eure vergangenen Freuden und an euren Erfolg in euren anderen Angelegenheiten euren Geist beruhigen wird, während die eine Sache, die nötig war, vergessen wurde. Vielmehr wird sie ihn umso mehr quälen. „Sohn, bedenke, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben.“ 16Lk 16,25 Bittere Erinnerung! Die heidnischen Dichter beschreiben die unglücklichen Geister in den Schatten der Unterwelt, die eifrig nach dem Wasser des Vergessens greifen, aber es nicht erreichen können. Eure Annehmlichkeiten der Gegenwart werden nur dazu dienen, euer Elend noch drastischer erscheinen zu lassen, da ihr so viel Vergnügen genossen habt; und um die Abrechnung noch schlimmer zu machen, dass ihr eure Talente, die euch für bessere Zwecke in die Hand gelegt wurden, missbraucht habt.​​ 17Mt 25, 14-30​​ Sicher, wenn man diese Dinge glaubte und ernsthaft darüber nachdenken würde, würde der Sünder gewiss nicht mehr Sinn dafür haben, sich über seinen gegenwärtigen Wohlstand zu freuen, als ein Mensch sich bei dem Anblick eines schönen Gartens vergnügen würde, durch welchen er zur Folterbank geführt wird.

   Aber ich werde auf diese Dinge nicht weiter eingehen. Möchte Gott, dass nicht die unerklärliche Dummheit des menschlichen Geistes und seine verhängnisvolle Bindung an die Freuden und Sorgen des gegenwärtigen Lebens es so nötig machten, so häufig und so ausführlich auf ihnen zu bestehen!

   Ich gehe nun zu den Überlegungen über, die sich daraus konsequenterweise ergeben, und möchte nur zwei davon erwähnen.

1. Wie viel Grund haben wir, die Dummheit der Menschheit zu beklagen, die Eins, was nötig ist, vernachlässigt?

Wenn Religion tatsächlich die wahrste Weisheit ist, dann haben wir sicher alles Recht der Welt, um mit Salomo zu sagen: „Torheit ist in den Herzen der Menschen.“ (Pred 9,3) Ist sie das Eine, was nötig ist? Schaut euch das Verhalten der allgemeinen Menschheit an, und ihr könnt euch vorstellen, dass sie es für das Eine halten, was unnötig ist: Nichtige Träumerei und nutzlose Einbildung des Geistes. Gott ermahnt sie durch Verordnungen und Vorsehung, manchmal sogar durch sehr schreckliche, es sich zu Herzen zu nehmen. Er redet einmal, ja zweimal (ja viele Male), aber der Mensch achtet nicht darauf. (Hi 33,14) Sie geben vielleicht vor, alles zu glauben, was ich gesagt habe, tun aber so, als ob das Gegenteil selbstverständlich wäre; sie werden ihre Seelen und ihre Ewigkeit für nichtige Dinge aufs Spiel setzen, wofür sie wiederum eigentlich nicht eine Hand, einen Finger, ein Gelenk riskieren würden. Sicherlich wundern sich die Engel und vielleicht auch die Teufel sehr darüber, es sei denn, die Beobachtung so vieler Zeitalter hat sie damit vertraut gemacht. Und können wir, meine christlichen Brüder, eine solche Szene gleichgültig betrachten? Angenommen ein epidemischer Wahnsinn hätte unser Land oder die Orte, an denen wir leben, erfasst, so dass wir überall auf Wahnsinnige treffen würden und wir würden mitansehen müssen, dass sich der Rest, darunter vielleicht einige herausragende Genies in herausragender Position, mit anderen amüsiert; egal wie wir selbst vor der Gefahr einer Ansteckung oder eines Anfalls sicher wären, der Kampf würde uns mit Sicherheit durchs Herz dringen. 18Apg 2,37 Ein gutmütiger Mann wäre kaum in der Lage, aus dem Haus zu gehen oder auch nur den Wunsch zu verspüren, zu leben, wenn er so oft diesem traurigen Anblick begegnen müsste. Trotzdem könnten diese armen Geschöpfe dennoch Kinder Gottes sein, und je schlimmer ihr Wahnsinn würde, desto näher könnte ihr vollkommenes Glück rücken. Aber leider! Der größte Teil der Menschheit ist von einer schlimmeren Art von Wahnsinn erfasst, in dem sie ihre Seelen ruinieren; und können wir es mit Gleichgültigkeit betrachten? Der Herr weckt unser Mitgefühl, unsere Gebete und unsere Bemühungen in Abhängigkeit von der göttlichen Gnade, dass wir dazu gebraucht werden können, sie zur Vernunft zu bringen und sie tatsächlich weise zu machen, das heißt weise zur Errettung! 192Tim 3,15

2. Wie notwendig ist es, dass wir ernsthaft hinterfragen, wie Eins, was nötig ist, von uns betrachtet wird?

Lasst mich euch bitten, euch an eure eigene Einstellung dazu zu erinnern und euch selbst zu fragen: „Habe ich ernsthaft darüber nachgedacht?“ Habe ich die Bedeutung davon erkannt? Hat es einen nachhaltigen und bleibenden Eindruck in meinen Gedanken hinterlassen? Hat es mich zu Christus gebracht, so dass ich die Belastung dieser großen ewigen Interessen auf ihn legen konnte? Und verhalte ich mich im Wesentlichen in meinem Leben als jemand, der diese Überzeugungen vertritt? Bin ich tatsächlich bereit, dafür andere Dinge, meine Interessen, meine Freuden, meine Leidenschaften aufzugeben? Unterhalte ich mich mit Gott und mit den Menschen als jemand, der an diese Dinge glaubt? Als jemand, der sich bewusst für den besseren Teil entschieden hat und entschlossen ist, sich an diese Wahl zu halten?

Betrachtet die Antwort, die das Gewissen auf diese Fragen gibt, und ihr werdet euren eigenen Anteil an der noch genaueren Anwendung kennen, mit der ich schließen werde.

1. Lasst mich diejenigen ansprechen, die komplett unbekümmert sind über das Eine, was nötig ist.

Brüder, ich habe den Fall im Großen und Ganzen dargelegt, und jetzt appelliere ich an euer Gewissen: Ist das so oder nicht? Gott und euer eigenes Herz wissen am besten, für was die Sorge um eure Seele vernachlässigt wird; aber wie dem auch sei, der Unterschied zwischen einem Sandkorn und einem anderen ist nicht groß, wenn man sie beide mit einem Talent Gold aufwiegt. Was auch immer es ist, ihr solltet es besser sorgfältig untersuchen. Ihr solltet besser diese Ware von allen Seiten betrachten, über die ihr letztendlich sagt: „Dafür werde ich meine Seele verkaufen; dafür werde ich den Himmel aufgeben und die Hölle wagen, seien Himmel und Hölle, was auch immer sie sein mögen.“ Im Namen Gottes, Brüder, ist das der Anteil eines Menschen, eines vernünftigen Geschöpfes? Weitergehen mit offenen Augen in Richtung eines Abgrunds des ewigen Verderbens, weil ein paar bunte Blumen auf dem Weg sind? Oder was ist, wenn ihr die Augen schließt, wird das euren Sturz verhindern? Es hilft wenig zu sagen: „Ich werde nicht an diese Dinge denken, ich werde sie nicht berücksichtigen“; Gott hat gesagt: „am Ende der Tage werdet ihr das klar erkennen.“ (Jer. 23,20) Das ausgelassene Feiern eines betrunkenen Übeltäters wird seine Hinrichtung weder verhindern noch aufschieben. Verzeiht meine Offenheit; wäre es eine Fabel oder ein Märchen, würde ich versuchen, euch mit Worten zu unterhalten, aber ich kann es nicht tun, wenn Seelen auf dem Spiel stehen.

2. Ich wende mich an diejenigen, die zwar irgendwie von der Wichtigkeit ihrer Seele überzeugt sind aber trotzdem dazu neigen, die Sorge darum auf später aufzuschieben, obwohl sie einsehen, dass es im Allgemeinen eine notwendige Sache ist.

Ich weiß, dass ihr, die ihr jung seid, dieser besonderen Versuchung ausgesetzt seid, obwohl es seltsam ist, dass der Tod so vieler eurer Freunde euch nicht eine Antwort auf diese fadenscheinigen und gefährlichen Versuchungen gibt. Wenn diesbezüglich auch nur die geringste Unsicherheit herrscht, sind die Auswirkungen schon gewaltig und könnten bedeuten, dass man alles aufs Spiel setzt. Aber hier ist die Unsicherheit sogar groß und offensichtlich. Ihr müsst sicherlich wissen, dass es kritische Phasen im Leben gibt, in denen es um die Bewältigung von Angelegenheiten geht, die so beschaffen sind, dass sie, wenn sie einmal erlebt wurden, möglicherweise sich nie mehr wiederholen: Hier ist eine solche kritische Phase: „Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!“ (2Kor 6,2) „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht.“ (Heb 3,7-8) Es könnte sein, dass diese Sprache morgen nicht mehr gesprochen werden wird. Sprecht nicht von einer günstigeren Zeit; keine kann gelegener sein; und die, welche euch wahrscheinlich dafür vorschwebt, am allerwenigsten, eine Zeit des Sterbens. Dann würdet ihr euch nicht dafür entscheiden, ein wichtiges Geschäft in die Hand zu nehmen; und wollt ihr freiwillig die größte Angelegenheit von allen dieser schmachtenden, eiligen, überraschenden Stunde zuordnen? Wenn dann ein Freund mit dem Restbetrag einer komplizierten Rechnung oder mit der Aussicht auf ein Eigentumsrecht zu euch käme, würdet ihr euren kraftlosen Kopf schütteln, eure blasse, zitternde Hand heben und vielleicht mit schwacher Stimme sagen: „Ach, ist das jetzt eine Zeit für diese Dinge?“ Und ist es eine Zeit für so viel größere Dinge als diese? Ich wünschte, ihr wüsstet und würdet darüber nachdenken, in welche Not wir als Geistliche manchmal geraten, wenn wir an die Sterbebetten derer gerufen werden, die ihr Leben damit verbracht haben, Eins, was nötig ist, zu vernachlässigen. Einerseits befürchten wir, dass wir ihre Seelen verraten und ruinieren, wenn wir die Dinge beschönigen und sanfte Dinge sagen; und andererseits, dass wir sie völlig überwältigen und die letzten Augenblicke beschleunigen werden, die mit so schnellen Schritten voranschreiten, wenn wir sie mit angemessener Klarheit und Ernsthaftigkeit vor ihrer Gefahr warnen. Oh lass mich dich um unsertwillen und noch viel mehr um deinetwillen bitten, dass du uns nicht in solch traurige Extreme treibst; aber wenn ihr überzeugt seid, so wie ich hoffe, dass einige von euch jetzt davon überzeugt sind, dass die Sorge für die Seele das Eine ist, was nötig ist, wie wir es dargestellt haben, dann lasst die Überzeugung wirken, lasst sie euch sofort zum Thron der Gnade treiben; daraus könnt ihr jene Weisheit und Kraft ziehen, die euch in allen Komplikationen und Verworrenheit leiten und euch inmitten von Schwierigkeiten und Entmutigungen beleben wird.

3. Abschließend möchte ich mich an jene glücklichen Seelen wenden, die sich ernsthaft schon um die eine Sache gekümmert haben, die nötig ist.

Wenn ihr seht, wie es im Allgemeinen von vielen sträflich vernachlässigt wird, deren Fähigkeiten, Fortschritte und Lebensumstände euch normalerweise ansonsten überlegen erscheinen, verglichen mit euren eigenen, dann hoffe ich, dass ihr demütig anerkennt, dass es die besondere Gnade war, die euch in diesen glücklichen Zustand gebracht und euch zu dieser äußerst nötigen Sorge vorbereitet hat. Segnet daher den Herrn, der euch den Rat gegeben hat, aufgrund dessen ihr sagen könnt: „Er ist mein Teil.” 20Klgl 3,24 Freut euch über den Gedanken, dass die große wichtige Angelegenheit gesichert ist: Wie es für uns ganz natürlich ist, wenn eine wichtige Angelegenheit erledigt wurde, die lange vor uns lag und die wir von einem Tag auf den anderen aufschieben wollten, aber sie dann doch fleißig und erfolgreich erledigt haben.

Denkt immer noch daran, weiterhin nach diesen großartigen Prinzipien zu handeln, die ursprünglich eure Wahl bestimmt haben; und ernsthaft zu bedenken, dass die, welche danach begehren, dass ihnen ihr Leben zur Beute gegeben wird, 21Jer 45,5 weiter wachsam bleiben müssen, auf allen Etappen ihrer Reise durch eine Wüste, in der sie immer noch von täglichen Gefahren umgeben sind. Weil ihr die grosse Angelegenheit gesichert habt, macht es euch mit anderen, die von geringerer Bedeutung sind, leicht. Ihr habt das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit gewählt; deshalb sollen euch andere Dinge hinzugefügt werden. 22Mt 6,33 Und wenn etwas, was ihr wollt, nicht hinzugefügt werden sollte, tröstet euch mit dem Gedanken, dass ihr das Gute habt, das euch niemals genommen werden kann. Und um diese offensichtlichen Hinweise, die oft vorkommen müssen, nicht zu vernachlässigen, seid sehr darum besorgt, dass andere dazu gebracht werden, sich um die eine Sache zu kümmern, die nötig ist. Wenn es für euch nötig ist, so gilt das auch für eure Kinder, eure Freunde, eure Diener. Lasst sie daher erkennen, dass ihr euch in dieser Hinsicht sowohl um sie als auch um euch selbst kümmert. Besonders Eltern sollten sich diese Ermahnung zu Herzen nehmen; ihre Fürsorge für ihren Nachwuchs übertreibt oft in anderer Hinsicht und versagt in dieser Beziehung. Denkt daran, dass eure Kinder die Auswirkungen eurer Arbeit und eures Bemühens, ihnen Besitztümer und Anteile zu verschaffen, möglicherweise nie mehr erleben werden: Die Kosten für ihre Beerdigung könnten vielleicht ihren gesamten Anteil an dem ausmachen, was ihr so eifrig für sie aufbringt. Und stellt euch vor, was für ein Schwert euer Herz durchdringen würde, wenn ihr beim Leichnam eines geliebten Kindes mit folgendem Gedanken stehen müsstet: „Dieses arme Geschöpf ist aus dem Leben geschieden, bevor es seine grosse Aufgabe darin gelernt hat; und ist in die Ewigkeit gegangen, auf die ich es selten vorbereitet habe und die es vielleicht von mir zu vergessen gelernt hat.“

   Im Großen und Ganzen möge diese große Sorgsamkeit bei denen geweckt werden, die sie bisher vernachlässigt haben: Möge sie in allen von uns neu aufleben. Und damit ihr ermutigt werdet, sie mit größerer Fröhlichkeit weiterzuverfolgen, möchte ich mit dem angenehmen Gedanken schließen, dass die Vorkehrungen, die die göttliche Gnade für unsere Hilfe getroffen hat, durch die Verdienste Christi Jesu im Verhältnis zur Notwendigkeit des Falles stehen. Wenn ihr bereit seid, euch dem Christus zu Füßen zu setzen, wird er euch durch sein Wort und seinen Geist lehren. Wenn ihr dieses kostbare Juwel, das euer ewiges Alles ist, in seine Hand legt, wird er es bis zu diesem Tag bewahren und es dann reich geschmückt und herrlich verbessert zu seiner eigenen Ehre und zu eurer ewigen Freude hervorbringen.

Möge Gott dies in seiner unendlichen Barmherzigkeit gewähren.

Fussnoten

  • 1
    Apg 10,38
  • 2
    5Mo 32,2
  • 3
    1Petr 1,9
  • 4
    Joh 5,3
  • 5
    2Mo 11,5 / 1Sam 2,8
  • 6
    2Kön 7,2
  • 7
    Mt 6,27 / Lk 12,25
  • 8
    Ps 62,10
  • 9
    Phil 4,8
  • 10
    Röm 2,2
  • 11
    Lk 11,31
  • 12
    Heb 12,1
  • 13
    Lk 16,24
  • 14
    Spr 10,4
  • 15
    Lk 17,10
  • 16
    Lk 16,25
  • 17
    Mt 25, 14-30​​
  • 18
    Apg 2,37
  • 19
    2Tim 3,15
  • 20
    Klgl 3,24
  • 21
    Jer 45,5
  • 22
    Mt 6,33